Gemma Bovery

und verzaubert Bäcker Martin durch ihre Sinnlichkeit.
© Tobis/Relativity Media
Der große französische Schriftsteller Gustave Flaubert schuf 1856 mit „Madame Bovary“ einen Roman für alle Sinne. Mit Gemma Bovery ist eine moderne und durchaus komische Neuinterpretation des Klassikers gelungen, die zu großen Teilen auf dem Bilderroman von Posy Simmonds beruht. Auf der Grundlage von Flauberts Meisterwerk hat Simmonds ein vielschichtiges Panoptikum über geheime Sehnsüchte, Träume und Lebenslügen, Betrug und Enttäuschung sowie Ehebruch und seine Konsequenzen geschaffen.
Verknüpfungen spielen bei diesem Film eine gewichtige Rolle: Gemma Arterton spielt nach Immer Drama um Tamara erneut eine Romanfigur von Posy Simmonds und Fabrice Luchini spielt nach Das Mädchen aus Monaco erneut unter der Regie von Anne Fontaine! Und dann ist der Film auch noch eine französische Adaption von Simmonds Werk, doch, wie die Autorin erklärt, eine durchaus gelungene.
Martin ist ein Ex-Bohemien alter Pariser Schule, der mehr oder minder freiwillig die väterliche Bäckerei eines kleinen Dorfes in der Normandie übernommen hat. Was von den Ambitionen seiner Jugend übrig geblieben ist, sind seine blühende Fantasie und eine flammende Leidenschaft für die große Literatur, insbesondere die Romane von Gustave Flaubert.
Kein Wunder, dass es ihn aufwühlt, als zwei junge Eheleute aus England, deren Namen seltsam vertraut klingen, sich auf einem nahe gelegenen Bauernhof niederlassen: Die Neuankömmlinge heißen nicht nur Gemma und Charles Bovery, auch ihr Verhalten scheint geradewegs von Flauberts Helden inspiriert zu sein.
Für den heimlichen Künstler, der in Martin schlummert, ist die Gelegenheit zu schön, um (neben dem täglichen Brotteig) nicht auch das Schicksal dieser Menschen aus Fleisch und Blut zu formen. Doch die schöne Gemma Bovery kennt sich mit klassischer Literatur überhaupt nicht aus und will eigentlich nur ihr eigenes Leben leben...
Anne Fontaine ist erneut ein cineastisches Highlight gelungen, das nicht nur eine amüsante Geschichte um die Liebe und das Leben zeigt, sondern auch mit hervorragenden Schauspielern besetzt ist. Da wäre zunächst die atemberaubende Sommersprossen-Schönheit Gemma Arterton, die nicht nur im Film ihren Vornamen behalten darf, sondern auch erstmals Französisch vor der Kamera spricht.
Und dann ist da Fabrice Luchini, der, wie immer, das perfekte Abbild eines typischen Pariser Bewohners darstellt, und mit seinem treuen Hundeblick die richtige Mischung aus französischer Mentalität und kindlicher Neugierde auf die Leinwand bringt. Nach Molière auf dem Fahrrad bringt er also nun Flaubert in die Nachbarschaft.
Anne Fontaine liefert nach ihrer Ehekrachkomödie Mein liebster Alptraum und ihrem ambivalenten Familienausflug nach Australien mit Tage am Strand erneut eine Liebes-Quadrats-Geschichte - diesmal um eine Frau und drei Männer, die sie umgarnen. Dass das kein gutes Ende nehmen kann, ist zwar abzusehen, doch die Regisseurin und Drehbuchadapteurin hat noch eine Schlusspointe auf Lager, die hier aber nicht verraten werden soll. Gemma Bovery ist leichte Unterhaltung, die zum Schmunzeln einlädt - kurzum ein perfekter Film für einen sonnigen Herbstnachmittag. ■ mz