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Interview mit Nadja Uhl

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So glücklich war ich noch nie
Interview mit Devid Striesow
Interview mit Regisseur Alexander Adolph

Nadja Uhl kam 1972 in Stralsund zur Welt und absolvierte ihre Ausbildung an der Leipziger Hochschule für Musik und Theater Felix Mendelssohn-Bartholdy. Ihre Karriere begann am Potsdamer Hans Otto Theater.

2000 erregte sie internationale Aufmerksamkeit auf der Berlinale für ihre Rolle in Volker Schlöndorffs Kino-Drama Die Stille nach dem Schuss und wurde mit dem Silbernen Bären als Beste Darstellerin sowie mit dem Lettischen Filmpreis geehrt. Es folgte eine Hauptrolle im oscarnominierten holländischen Film Die Zwillinge (2002), für ihre schauspielerische Leistung in dem TV-Zweiteiler Das Wunder von Lengede (2003) wurde sie mit dem Bambi und dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet.

Nadja Uhl brillierte in Andreas Dresens Kinohit Sommer vorm Balkon (2005) und bekam dafür eine Nominierung als Beste Schauspielerin für den Deutschen Filmpreis 2006 und für den Deutschen Fernsehpreis 2007. 2006 war sie zudem in Jo Baiers hochgelobter ARD-Verfilmung Nicht alle waren Mörder zu sehen, und für ihre faszinierende Wandlungskraft und Authentizität wurde sie schließlich mit der DIVA 2007 als Schauspielerin des Jahres ausgezeichnet.

2008 hatte sie Hauptrollen in drei hochkarätigen Produktionen: in Doris Dörries gefeiertem Berlinale-Wettbewerbsbeitrag Kirschblüten - Hanami, in Uli Edels Der Baader Meinhof Komplex und dem TV-Drama Mogadischu über die Landshut-Entführung. Zu ihren aktuellsten Projekten gehören Thorsten Näters Krimi Die Toten vom Schwarzwald, die Komödie Männerherzen sowie Die Stunde der Nutria von Christian von Castelberg. Nadja Uhl lebt in Potsdam.

Was hat Sie an So glücklich war ich noch nie am meisten gereizt?

Das hervorstechende Merkmal des Drehbuchs waren für mich Alexander Adolphs Dialoge. Auf der einen Seite waren die Szenen und Ideen sehr scharf und pointiert – präsentiert mit einer sehr humorvollen und kritischen Sicht – auf der anderen Seite konnte man eine große Wärme und Liebe spüren. Alexander Adolph fängt die Situationen immer wieder liebevoll auf, was ich als eine sehr schöne Haltung zum Leben empfinde – die Dinge bissig unter die Lupe zu nehmen und trotzdem zu zeigen, wie schön und voller Sehnsucht das Leben sein kann. Aussichtslosigkeit, Lebenslust und Witz liegen hier ganz nah beieinander. Das ist für mich das Schönste an diesem leisem Film und seiner besonderen Mischung aus Komik und Melancholie.

Sie spielen eine Prostituierte, die mit dem Hochstapler Frank Knöpfel eine Beziehung beginnt. Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?

Es gibt ja keine abendfüllenden Momente im Bordell, aber ich habe mich vorher mit jemandem unterhalten, der jahrelang in dieser Branche gearbeitet hat. Ich war zwar nicht vor Ort, aber derjenige hat mir ein paar Dinge vorgemacht und erklärt, wie es so läuft. Es ging hier ja nicht unbedingt um das reale Abbild des Alltags einer Prostituierten, aber was ich beispielsweise in die Rolle mitgenommen habe, war dieses Verhaltensmuster, möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten und jedem Kunden vorzuspielen, dass er etwas ganz Besonderes ist, um möglichst gute Einnahmen zu machen. Darauf habe ich mich konzentriert und ansonsten habe ich mich auf Alexander Adolph verlassen und mit ihm an der Rolle gearbeitet.

Wie gegenwärtig war Ihnen das Thema Hochstapelei?

Ich habe im Vorfeld Alexander Adolphs Dokumentation gesehen. Das war meine Vorbereitung, davor hatte ich mich nie wirklich mit dem Thema beschäftigt. Aber wenn man mal etwas genauer darauf achtet und wenn man für das Thema sensibilisiert ist, fällt einem plötzlich auf, wie normal und alltäglich kleine, harmlose, aber manchmal auch kriminelle Formen der Hochstapelei sind. Wir sind in unserem gesellschaftlichen Alltag darauf trainiert, auf Äußerlichkeiten zu achten und manchmal darauf reinzufallen. Diese Gewohnheiten werden durch Hochstapler ganz schamlos ausgenutzt und kriminell missbraucht. Auf der anderen Seite halten uns solche Fälle immer wieder einen Spiegel vor, wie verführbar wir sind. Und es zeigt eben, wie leicht es fällt, etwas zu erreichen, wenn man lange genug etwas behauptet und die Menschen mit irgendwelchen Dingen blendet.

Würden Sie sagen, dass Sie als Schauspielerin ebenfalls die Gabe der Vortäuschung haben?

Ich denke schon, dass ich durch meinen Beruf sehr schnell in der Lage wäre, mich auf Situationen einzustellen und auch in die eine oder andere Rolle zu schlüpfen. Generell versuche ich aber, möglichst nah bei mir zu bleiben, um einen Anker für meine Rollen zu haben. Deswegen vermeide ich es außerhalb der Dreharbeiten zu spielen. Ich will diese Möglichkeiten in meinem Beruf gerne wahrnehmen – genau weil diese Spielereien ja eine schöne Methode bieten, auszusteigen. Umso mehr liebe ich im Beruf das Unberechenbare, die schnellen Reaktionen und auch das Durchgeknallte und Unerwartete.

Schauspielerei und das Täuschungsspiel von Hochstaplern liegen also tatsächlich nahe beieinander?

Im Grunde ist die Hochstapelei noch anspruchsvoller als die Schauspielerei. Wir Schauspieler haben ja meistens ein Buch oder zumindest eine Bühne und die stille Absprache mit dem Publikum, dass wir eine Rolle spielen. Wenn Rollenspiele von Hochstaplern nicht aus einer psychischen Not herauskämen, dann müsste man das rein professionell anerkennen. Wenn man es in spontanen Situationen schafft, ganze Polizeischaren zu verwirren und achtsame Leute hinters Licht zu führen, zeigt das ein ungeheures schauspielerisches Potential. Aber es bleibt eben kriminell und krank und es zeigt eine große Einsamkeit auf. ■ mz | Quelle: StudioCanal

Drama
D 2009
94 min


mit
Devid Striesow (Frank Knöpfel)
Nadja Uhl (Tanja)
Jörg Schüttauf (Peter Knöpfel)
Floriane Daniel (Marie)
Thorsten Merten (Schlickenrieder)
Elisabeth Trissenaar (Fritzi)
Christian Kahrmann (Mike)
Marc Zwinz (Bewährungshelfer)
Hansa Czypionka (Günther)
u.a.

drehbuch
Alexander Adolph

musik
Dieter Schleip

kamera
Jutta Pohlmann

regie
Alexander Adolph

produktion
EIKON Media GmbH
ZDF - Das kleine Fernsehspiel
arte

verleih
StudioCanal

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