Ocean's 8
Ocean's Eight
Über 10 Jahre ist es her, als Danny Ocean und seine inzwischen 12 Mitstreiter ihr letztes großes Ding durchgezogen haben. Drehbuchautor und Regisseur Gary Ross, der mit dem Regisseur der „Ocean's“-Trilogie, Steven Soderbergh, eng befreundet ist und bereits einige Male mit ihm „inoffiziell“ zusammengearbeitet hat, kam vor etwa 5 Jahren die Idee zu einer neuen Version der Gaunerreihe: »Das Bild des Gesetzlosen war schon immer ein Herzstück amerikanischer Filme, und bis auf wenige Ausnahmen waren diese „Gesetzlosen“ stets Männer. Ich war von der Vorstellung fasziniert, dass eine Gruppe von Wahnsinnsfrauen dieses Genre in Anspruch nimmt, was bislang irgendwie tabu schien. Und ich liebe Gaunerfilme - schon immer.«
»I have $45 in my pocket. I can go wherever I want.«
Jetzt tritt Dannys Schwester Debbie ins Rampenlicht. Wir begegnen ihr zunächst im Gefängnis bei ihrem Bewährungsgespräch, das sie souverän meistert und daraufhin auf freien Fuß kommt. Sie ist zuversichtlich, dass sie nicht zurückkehrt, denn in den fünf Jahren, in denen sie gesessen hat, konnte sie ihren Racheplan bis aufs Kleinste austüfteln - und natürlich gleichzeitig einen Plan, nebenbei die Diamanten von Cartiers wertvollster Halskette im Wert von 150 Millionen Dollar einzusacken.
Für ihr Unternehmen braucht sie aber auch die nötige Womanpower - allen voran ihre ehemalige Komplizin Lou. Gemeinsam rekrutieren sie weitere Spezialistinnen - die Juwelierin Amita, die Trickbetrügerin Constance, die Hehler-Expertin Tammy, die Hackerin Nine Ball und die Modedesignerin Rose Weil. Die 6 kg schwere Halskette soll den Hals der weltberühmten Schauspielerin Daphne Kluger zieren, die den Mittelpunkt eines New Yorker Superevents bildet - die Met Gala. Das Team will sich die Klunker einfach schnappen und verduften – vor aller Augen.
»I am not going to end up in prison.«
Produzent Jerry Weintraub, der 2015 zwischenzeitlich verstarb, war derjenige, der erstmals Sandra Bullock kontaktierte. »Es gab noch nicht mal ein Drehbuch, aber Jerrys Energie, seine Freude und seine Leidenschaft für diese Lizenzreihe waren sehr ansteckend«, erinnert sich die Schauspielerin. Steven Soderbergh war vom Ableben des Produzenten geknickt: »Es war schwer, sich einen „Ocean's“-Film ohne Jerry am Produzenten-Ruder vorzustellen. Jerry war nicht nur ein Produzent, er war eine überlebensgroße Gestalt.«
Aber, wie es so heißt, die Show muss weitergehen. Jerry Weintraubs Kollegin Susan Ekins, die bei den vorangegangenen „Ocean's“-Filmen als ausführende Produzentin fungierte, übernahm das Ruder bei diesem Film. Aber auch Gary Ross war sich darüber klar, dass er allein einen Frauenfilm nicht wuppen kann, und holte sich Olivia Milch an Bord. »Ich denke, Gary und Olivia haben die nötige Balance gefunden, die DNS der „Ocean's“-Reihe zu übernehmen und gleichzeitig einzigartig zu wirken«, sagt Steven Soderbergh.
Bei der Besetzung der Protagonistinnen war sich Gary Ross sicher: »Es ging nicht nur darum, individuelle Rollen zu besetzen, es ging darum, eine Gruppe zuammenzustellen, die sich zusammen großartig anhört. Es war von Anfang an aufregend.« Für Anne Hathaway, der man den Spaß bei der Arbeit auch im Film ansieht, war der Film mehr als nur eine Rolle: »Einen Film zu machen, ist schon eine Art geteilte Erfahrung, aber wenn du dann mit sieben anderen Frauen zusammen spielst, gibt es so viele Gemeinsamkeiten, was beim Zusammenarbeiten eine Lässigkeit schuf und dadurch eine Menge Spaß gemacht hat.«
Und diesen Spaß merkt man ihnen auch an, weshalb der Film auch dem Publikum Spaß machen wird. Da die gleichen Figuren hinter der Kamera den Film gemacht haben, trägt er natürlich auch die lässig coole Handschrift der Vorgängerfilme - allerdings auch die Mankos derer. Die Figuren bleiben größtenteils eindimensional, was verständlich ist, um die Filmlänge nicht ins Unermessliche zu treiben. Mit unter 2 Stunden ist man dabei relativ gut bedient.
»Let's hope you're really in there.«
Um inhaltlich die Verbindung zu den Vorgängern zu machen, lässt man Debbie den Grabstein ihres Bruders besuchen, aber auch gleichzeitig offen, ob dieser auch wirklich tot ist. Als körperliche Verbindung hat man Elliott Gould als Reuben noch einmal auftreten lassen, der sozusagen die Würfel an Debbie weiterreicht. Sandra Bullock kann diese Rolle auch gut ausfüllen, auch wenn man ihr ein großzügiges Gesichtslifting ansieht, das im Vergleich ihrer Mitstreiterinnen in natura doch irgendwie stört. Aber immerhin kann die Halbdeutsche auch mal wieder ihre Zweitsprache praktizieren, auch wenn die Grammatik nicht ganz so einwandfrei herüberkommt. In Sachen Aussprache hat aber auch Heidi Klum ein paar Akzente verloren, die, wie zahlreiche andere Prominente wie Katie Holmes, Dakota Fanning, Anna Wintour oder Kim Kardashian West, in einer Kurzrolle zu sehen ist.
Glanz und Glamour verbreiten aber nicht nur die Stars. Wie könnte man wohl Frauen besser in Szene setzen als in der bezaubernden Benefiz-Veranstaltung des Modeinstituts im New Yorker Metropolitan Museum of Art - kurz: Die Met-Gala. Die Filmemacher hatten uneingeschränkten Zutritt zum „Met“ und filmten dort ganze 10 Tage - länger als irgendeine andere Produktion. Zusätzlich zur Werbung für das Museum war auch Cartier selbst ein unschätzbarer Partner. Das Schmuckunternehmen kreierte eine speziell modifizierte Version der beeindruckenden Toussaint-Halskette, die die eigentliche Hauptrolle im Film spielt.
»Die Toussaint ist eine der größten Halsketten in ihrer Kollektion, die in deren Tresor verharrt«, sagt die ausführende Produzentin Diana Alvarez. »Es war außerordentlich wichtig, dass sie sich echt anfühlt...und auch echt erscheint! Die Leute bei Cartier waren unglaubliche Berater, und deren Expertise war uns eine große Hilfe. Und sie erlaubten uns, in ihrem Cartier-Haus zu drehen. Die Möglichkeit, in deren Welt einzutauchen und es auf die Leinwand zu bringen, war eine große Sache.«
»You do not run a job in a job!«
Aber so ganz ohne Männer kommt der Film dann doch nicht aus. Immerhin braucht man schließlich ein Rache-Objekt, das von Richard Armitage gespielt wird. Claude Becker ist ein Maler und Galerist, der vor 5 Jahren dafür sorgte, dass Debbie ins Gefängnis kam. Eine weitere wichtige Figur ist die des Versicherungsdetektivs John Frazier, der entsprechend erst am Ende des Films auftaucht und von Late-Night-Talker und Komiker James Corden gespielt wird: »Er hat eine Geschichte mit der Ocean-Familie, die ihm ein ständiger Dorn m Auge war«, sagt der Schauspieler. »Er weiß, dass diese unbezahlbare Halskette bei einer Veranstaltung abhanden kam, an der Debbie teilgenommen hat, und zählt 1 und 1 zusammen. Doch dann ist es eine Frage des richtigen Preises. Schließlich ist er kein Polizist und nicht an irgendeinem Verbrechen interessiert. Ihn kümmert's nur, ob seine Firma das Geld auszahlen muss.«
Und das war es dann auch schon. Coole Musik von Daniel Pemberton, schöne Frauen in schönen Kleidern, ein bis ins Kleinste Detail geplanter Raubzug, der am Ende noch ein paar Drehungen hinlegt, aber letztlich viel zu schnörkellos vonstatten geht, sind die Merkmale dieses Films. Er ist schön anzusehen und man fühlt sich gut unterhalten, doch viel Tiefe sollte man hier nicht erwarten. ■ mz
21. Juni 2018
Krimi/Komödie
USA 2018
106 min


mit
Sandra Bullock (Debbie Ocean)
Cate Blanchett (Lou)
Anne Hathaway (Daphne Kluger)
Mindy Kaling (Amita)
Sarah Paulson (Tammy)
Awkwafina (Constance)
Rihanna (Nine Ball/Leslie)
Helena Bonham Carter (Rose Weil)
Richard Armitage (Claude Becker)
James Corden (John Frazier)
Dakota Fanning (Penelope Stern)
Elliott Gould (Reuben Tishkoff)
Michael Gandolfini (Hilfskellner)
Dana Ivey (Diana)
u.a.

drehbuch
Gary Ross, Olivia Milch
basierend auf Figuren von George Clayton Johnson und Jack Golden Russell

musik
Daniel Pemberton

kamera
Eigil Bryld

regie
Gary Ross

produktion
Warner Brothers
Village Roadshow Pictures
Rahway Road
Smokehouse Pictures

verleih
Warner Brothers


vorspann
Firmen-Logos, Prolog, Firmennamen- und Titeleinblendung

abspann
Rücklaufender Vorspann mit sich umdrehenden Buchstaben, dann gewöhnlich rollender Abspann

erwähnung
In loving Memory
Jerry Weintraub