»We're a movement, not a party.«

Ein absolutes Worst-Case-Szenario: Mit dem letzten Tropfen Benzin und völlig abgebrannt, schafft es die Punkband Ain't Rights gerade noch zu ihrem Gig in einer entlegenen Kneipe im amerikanischen Nirgendwo. Das Publikum besteht ausschließlich aus Nazi-Skinheads und der Plan, sofort nach dem Auftritt abzuhauen, scheitert, als sie unfreiwillig Zeuge eines brutalen Mordes werden. Der gnadenlose Anführer der Nazi-Gang, Darcy Banker, befiehlt seiner Kampftruppe, alle Zeugen des Verbrechens zu eliminieren. Die Band verbarrikadiert sich gemeinsam mit der Skin-Braut Amber im Backstageraum. Es folgt ein erbarmungsloser Showdown Skins gegen Punks. Als die Zahl der Todesopfer steigt, müssen sich die Überlebenden etwas einfallen lassen, um dem grausamen Katz-und-Maus-Spiel ein Ende zu bereiten...

Chekhov gegen Picard - Anton Yelchin (Neustart-Star Treks Chekhov) spielt den Punksänger Pat, der sich in einem albtraumhaften Szenario dem skrupellosen Geschäftsmann Darcy Banker, gespielt von Patrick Stewart, einst Captain des Raumschiffs Enterprise in Star Trek: The next Generation, ausgeliefert sieht. »Zuerst war ich unsicher, weil Patrick so ein würdevoller, allseits beliebter und offensichtlich liebenswerter Typ ist«, erinnert sich Regisseur Jeremy Saulnier, der 2013 mit dem Rachethriller Blue Ruin Kritiker und Publikum gleichermaßen überzeugte. »Doch dann begriff ich: Genau deswegen ist er die ideale Besetzung! Dann erfuhren wir, dass er tatsächlich gerade auf der Suche nach einer Rolle als Bösewicht war. Er sah sich meinen alten Film an, wir telefonierten und zwei Wochen später brüllte er am Set seine Schergen an. Es war unglaublich und ich kann mit Sicherheit sagen, dass Sie Patrick Stewart noch nie so gesehen haben wie in diesem Film.«

»This will be over soon, gentlemen.«

Patrick Stewart hatte bereits 1997 in Fletchers Visionen einen Bösewicht gespielt, doch diesmal spielt er eine realitätsnähere Figur und kann mit seinem shakespeareschen Talent alles aus diesem rechtsgerichteten Geschäftsmann herausholen. »Ich habe lange recherchiert. Die Geschichte der von Hass getriebenen Gruppierungen Amerikas oder die Referenzfotos für die Pitbull-Angriffe, all das wird mich mein Leben lang verfolgen«, sagt Saulnier. »Aber was noch bestürzender ist: Diese Rechtsextremisten sind keine fiktionalen Bösewichte, die nichts mit dir zu tun haben, ihre giftige Ideologie verbreitet sich überall.

Aber Green Room ist mehr als eine allgemeine Betrachtung des konservativen amerikanischen Machtgefüges gedacht, denn als Angriff auf eine spezifische Gruppierung. Das war mir von Anfang an wichtig, weshalb mittels Dialog deutlich gemacht wird, dass die Skinheads parteilos sind. Es ging darum zu zeigen, wie eine kleine Gruppe starker Individuen Angst und Charisma benutzt, um Geld zu machen, indem sie anfällige Leute vereinnahmt und dahingehend manipuliert, dass sie wider besseres Wissen handeln. Das ist die große Lüge des Darcy Banker: Er wird von Geld mehr angetrieben, als von seiner Überzeugung.«

Wie in Saulniers Filmen zuvor ist auch diesmal wieder Macon Blair mit von der Partie. »Um ehrlich zu sein, habe ich mich anfangs geweigert Macon in Green Room zu besetzen«, sagt der Regisseur. »Nach unserer Erfahrung bei Blue Ruin konnte ich ihn nur noch als Hauptdarsteller sehen. Aber Macon bekam ein Gefühl für die Figur des Gabe und schickte mir ein Demotape, das mich schlicht umhaute. Er hatte sich temporäre Tätowierungen auftragen lassen, die Haare abrasiert und sich gänzlich in die Figur im Drehbuch verwandelt.

Ich besetzte ihn daraufhin sofort und wurde nochmals daran erinnert, warum unsere Zusammenarbeit so solide ist: Er verdient sich die Rollen stets und macht sich unverzichtbar. Macon ist nicht nur meine Muse, sondern auch mein Kreativpartner und Mitproduzent des Films. Er hat jeden Schritt der Entstehung begleitet und mich durch einige schwierige Momente am Set hindurch geführt. Wenn so viel auf dem Spiel steht, wie bei unserer stürmischen Produktion, kann ich immer auf Macon zurückgreifen, wenn mein Hirn gerade überlastet ist.«

Jeremy Saulnier verbindet hier Genreversatzstücke zu einem atmosphärisch dichtem Fast-Kammerspiel, denn der größte Teil des Films spielt in der Nazi-Kneipe, in der die Ain't Rights auftreten. Wie bzw. ob es Pat und seine Band schaffen, aus dieser vertrackten Situation zu entkommen, kann man sich nun im Kino ansehen. Dabei sollte man jedoch schon etwas abgebrüht sein, wenn es um spritzendes und fließendes Blut geht, denn Darcy Banker geht über Leichen, wenn's um seine Kohle geht... ■ mz

»Do not, under any circumstances, open the door!«

Das idyllische Leben einer Familie wird jäh unterbrochen, als der jüngste Sohn bei einem tragischen Unfall ums Leben kommt. Die untröstliche Mutter erfährt schließlich von einem alten Ritual, das ihren Sohn für ein letztes Lebewohl zurück bringen kann. Sie reist zu einem antiken Tempel, dessen Tür ein mysteriöses Portal zwischen zwei Welten darstellt. Als sie aber das heilige Gebot, die Tür niemals zu öffnen, missachtet, erschüttert sie das Gleichgewicht zwischen Leben und Tod.

Atmosphärisch düster setzt sich Autor und Regisseur Johannes Roberts mit dem schmalen Grat zwischen dem Leben und dem Totsein auseinander und schickt die große Dürre aus Prison Break und The Walking Dead samt Familie ins indische Mumbai, wo ihr Mann (Jeremy Sisto inzwischen zum Familienvater gereift) sein internationales Geschäft betreibt. Mit der kleinen Tochter Lucy (Sofia Rosinsky wird mit ihren beeindruckenden Gesichtsausdrücken bestimmt mal groß rauskommen) leben die Khans in einem Haus bei der indischen Millionenmetropole Mumbai.

Alles hätte recht idyllisch sein können, wie es sich Maria damals vorgestellt hatte, als sie zum Urlaubsende am Strand von Mumbai ihrem Mann den Wunsch äußerte, dort zu leben. Leider hielt das Glück nicht lange. Ihr Sohn Oliver ertrank im verunfallten Auto im Fluss, und so siecht Maria deprimiert durch die Tage zwischen Bett und alten Urlaubsvideos mit ihrem Sohn. Erst als sie von ihrer ernsten, aber mitfühlenden Haushälterin Piki von der Möglichkeit erfährt, sich von ihrem Sohn verabschieden zu können, kommt das Funkeln in ihre Augen zurück.

Doch Maria ignoriert Pikis Warnung, die Tür des ritualistischen Tempels, um den herum alles abgestorben ist, unter keinen Umständen zu öffnen. Und Sarah Wayne Callies spielt diese trauernde Frau mit solch einer Hingabe und Tragik, dass man beim Zuschauen irgendwann zuviel davon hat. Immer wieder hängt die Kamera an ihr. Jedenfalls passiert genau das, was man von solch einem Gruselfilm erwartet. Klein Olivers Geist befreit sich aus dem Jenseits und heftet sich an Maria, die ihm fortan Gutenachtgeschichten in dessen Zimmer vorlesen muss.

Als Piki davon erfährt (Ehemann Michael ist tagsüber bei der Arbeit in der Stadt und abends spät daheim, weshalb dieser es erst am Schluss des Films mitbekommt), setzt sie alles daran, ihren Fehler wiedergutzumachen, weshalb Geist Oliver ordentlich Stunk macht und nach und nach der Tod im Haus Einzug hält...

Alexandre Aja produzierte diesen Gruselfilm mit soliden Effekten und souveränen Schauspielern, doch Johannes Roberts, der sich bislang mit Billighorror beschäftigt hat, kann weder etwas Frisches servieren, noch irgendwie jenseits der gelungenen Effekte genügend Grusel aufbauen, zumal sich Sarah Wayne Callies zu sehr verausgabt und ihre Figur derart nervt, dass man sich das Ende herbeisehnt. Auf jeden Fall muss dieser Film nicht unbedingt im Kino gesehen werden. ■ mz

»I couldn't live with that fucking carpet anymore.«

Basierend auf den wahren Abenteuern der angehenden Kriegsreporterin Kim Barker, und ihrer gefeierten Autobiografie „The Taliban Shuffle: Strange Days in Afghanistan and Pakistan“, inszenierte das Regieduo Glenn Ficarra und John Requa (Crazy, Stupid, Love) eine satirische Kriegskomödie mit Ex-SNL-Komödiantin Tina Fey in der Hauptrolle. Fey, die zuletzt an der Seite ihrer SNL-Kollegin Amy Poehler in ►Sisters zu sehen war, wurde zunächst hellhörig, als sie in einer Kritik von Kim Barkers Buch las, es handele sich dabei um „eine Art Tina-Fey-Figur“.

»Schändlicherweise ist es wahr, dass ich von der Buchkritik hörte und dachte, ich könnte mich in dieses Projekt hineinwurmen«, witzelt Tina Fey, fährt dann aber ernsthaft fort: »Aber was mich wirklich anzog, war die Geschichte einer Frau, die in Kabul ankommt und erwartet, drei Monate dort zu bleiben...dann aber letztlich drei Jahre blieb. Kim fängt als Reporter-Neuling an und als Neuling dieses Sex-Drogen-und-Rock'n'Roll-Lebensstils, den die Reporter dort drüben führen. Für sie ist es das totale Erwachen.«

Und so tat Tina Fey genau dasselbe wie Kim Barker und sprang ins kalte Wasser. Kim ist bis dato ihre ambitionierteste Rolle, die sie auch ausfüllen kann. »Es ist garantiert kein „Liz Lemon goes to War“«, sagt Regisseur John Requa. »Kim Baker ist eine sehr komplexe Figur, die Tina die Möglichkeit gibt, ihre Flügel einer breitgefächerten Schauspielerin zu verdienen.«

»Even the Dutch Army don't wear orange!«

Schon auf ihrem Hinflug sitzt ein Thomas Kretschmann neben ihr und witzelt über Kabuls Flughafenkürzel: KIA - Killed In Action. Und die Witzeleien, was einer „westlichen“ Frau dort widerfahren kann, gehen weiter - ob ein orangefarbener Rucksack oder das nötige Wasserlassen unterwegs - nichts wird ausgelassen. Aber Gefahr lauert an jeder Ecke, gute Stories sind nicht so ohne weiteres aufgetan, Alkohol fließt konstant in Strömen und sexuelle Eskapaden gehören ebenfalls zur Tagesordnung.

Schonungslos wechselt der Film zwischen Komik, Krieg und Drama. Whiskey Tango Foxtrot hätte das Potenzial, in gleichem Atemzug mit M*A*S*H und Good Morning Vietnam genannt zu werden, doch irgendwie fehlen die emotionalen Bezüge bzw. kommen nicht so recht rüber. Martin Freeman ist eine totale Fehlbesetzung, denn die Chemie zwischen ihm und Tina Fey scheint komplett zu fehlen. Auch Billy Bob Thornton kann geradeso ein wenig Mimik jenseits seines verschmitzten Standardblickes hervorlocken.

Einzig Christopher Abbott, der Kims Übersetzer Fahim spielt, kann in seinem Spiel die ganze Tragweite des Films widerspiegeln und sorgt am Ende für die eine oder andere Träne. Das andere Extrem ist ein umwerfend komischer Alfred Molina, der als einflussreicher afghanischer Staatsanwalt Kim ständig Avancen macht. Whiskey Tango Foxtrot kann insgesamt nicht die Erwartungen einer gelungenen Kriegsdramödie erfüllen, ist jedoch trotz seiner 2 Stunden Lauflänge recht unterhaltsam. ■ mz