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American Ultra
Der kreative Stoner Mike jobbt in einem Supermarkt. Phoebe, die ihm Freundin, Mutter, Putzfrau und Vermieterin ist, ermuntert ihn, Comics zu zeichnen. Eines Abends wird er von zwei schwarz vermummten Männern angegriffen, denen er nur mit Esslöffel und Plastiktasse bewaffnet den Garaus macht. Tatsächlich ist Mike eine hochtrainierte Tötungsmaschine des CIA, dessen Gedächtnis gelöscht wurde, und die nun unvermittelt reaktiviert worden ist. CIA-Manager Adrian Yates will ihn ausschalten lassen.
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Wer bei der untertitelten Beschreibung nach einer Variante von Ananas Express denkt, wird schon bald eines Besseren belehrt. Gleich zu Beginn des Films sehen wir die Hauptfigur zerschunden in einem Verhörraum. Wenn Mike beginnt, die Ereignisse zu rekapitulieren, wird zunächst der der Film im schnellen Rückwärtslauf gezeigt, was eigentlich einem Film die Spannung nimmt, da man das grobe Ende bereits kennt. Doch schon kurze Zeit später befindet man sich in einem völlig anderen Ambiente.

Mike Howell verbringt seine Zeit meistens damit, dass er kifft, im Supermarkt „Cash & Carry“ an der Kasse sitzt und einen Bilderroman über einen Affen-Superhelden schreibt, die wohl niemals erscheinen wird. Irgendwann einmal möchte er seine Freundin Phoebe, die in einem Kautionsbüro arbeitet, auf eine Reise nach Hawaii mitnehmen - falls er seine unerklärlichen Panikattacken jemals in den Griff bekommt, die ihn unweigerlich überfallen, sobald er versucht, die Stadt zu verlassen.

In einer Schlüsselszene sinnieren beide, ein wenig zugekifft, über den Sinn des (seines) Lebens. Sie sitzen unterm Nachthimmel auf der warmen Motorhaube des Autos und beobachten eine beleuchtete Unfallstelle. Ein Auto hat einen Baum gerammt. Für Mike ist der Baum eine Allegorie seiner Existenz - fest verwurzelt, kann nirgendwo hin, das Leben um ihn herum fahrend. Doch auch wenn Phoebe ihm zuredet, er sei nicht der Baum - kurze Zeit später ist Mike die Unfallstelle, das Auto: eine Frau im Trenchcoat, die ihm im Supermarkt einen völlig zusammenhang losen Satz vorsagt und diesen ständig wiederholt... eine der witzigsten Szenen des Films.

Bis dahin, ein gefühltes Drittel des Films, denkt der Zuschauer, einen charmanten kleinen Independent-Film über ein total verpeiltes Pärchen zu sehen – was genau die Absicht der Filmemacher war. Immerhin fangen Jesse Eisenberg und Kristen Stewart genau dort an, wo sie 2009 in Adventureland aufgehört hatten. »Sie hatten sich ein paar Jahre lang nicht gesehen, aber die Chemie hat sofort wieder gestimmt«, freut sich Regisseur Nima Nourizadeh, der 2012 mit Project X seinen gelungenen Einstand gab. »Als die Dreharbeiten begannen, gingen sie sehr entspannt miteinander um, auch in den intimsten Momenten. Das haben wir gebraucht, damit die Komödie funktioniert.«

»Die Figuren fühlten sich total real an, die Situationen sind so überraschend und die Art und Weise, wie sie damit umgehen, wirkt sehr aufrichtig«, schwärmt Jesse Eisenberg vom Drehbuch. »Mike und Phoebe sind sehr nahbare Figuren, also können sich sicher viele Menschen mit ihnen identifizieren. Mike ist außerdem ein Künstler, der dieses Comicbuch über einen Affen kreiert hat, den er Apollo Ape nennt. Als er selbst dann zur Zielscheibe einer bösen Regierungsverschwörung wird, ist das, was ihm passiert, wie eine Story von Apollo Ape – eine wahrgewordene Kifferfantasie.«

Wenn dann plötzlich die Hölle vor dem Supermarkt losbricht, als er entdeckt, dass sich welche an seinem Auto zu schaffen machen, schlägt der Film plötzlich um, als wenn jemand einen Schalter umgelegt hätte. Und tatsächlich wurde auch ein Schalter umgelegt - in Mikes Gehirn, denn der zusammenhanglose Satz von der Trenchcoat-Frau war in der Tat eine Schlüsselwortfolge, um die Kampfmaschine in Mike zu reaktivieren.

Inspiriert wurde Drehbuchautor Max Landis von einem wirklich existierenden Projekt der CIA, Superkrieger zu erschaffen. Das ehemals geheime Programm, genannt „MK Ultra(daher auch der Filmtitel), wurde in den 1950er Jahren gestartet, umfasste u.a. tausende von Menschenversuchen, bei denen ahnungslose Testpersonen, oft willkürlich unter Krankenhauspatienten und Gefängnisinsassen ausgewählt, ohne ihr Wissen unter hochpotente halluzinogene Drogen wie LSD und Mescalin gesetzt wurden. Zahlreiche Versuchspersonen trugen bei den Experimenten schwerste körperliche und psychische Schäden davon, teilweise bis hin zum Tod.

»Max liefert einem die Informationen nach und nach in kleinen Häppchen, bis man sich plötzlich an einem völlig unerwarteten, verrückten Ort wiederfindet«, sagt der Regisseur. »Seine Texte sind immer unterhaltsam, doch was American Ultra von anderen Actionkomödien, die ich gelesen habe, deutlich unterscheidet, ist, wie perfekt er die Beziehungen zwischen den Protagonisten hinbekommt.«

»Die Kombination aus Max und Nima war unwiderstehlich«, meint Produzent Anthony Bregman. »Das erste Drehbuch von Max, ►Chronicle, gehört zu meinen Favoriten. Es wurde mit einem bescheidenen Budget realisiert, mit wirklich interessanten visuellen Aspekten, durch die der Film noch viel eindrucksvoller wurde. Project X war meiner Meinung nach einer der besten Filme der letzten Jahre. Auch er ist ein kleiner Film mit großer Wirkung. Beide waren witzig, unterhaltsam und innovativ. Gleichzeitig handelten sie auf subtile Weise von großen Themen. Das ist genau die Art Film, die ich sehen will.«

Nourizadeh trug zu dem Drehbuch auch mit seinem ausgeprägten Sinn für Humor sowie echtem Gespür für Gefahr und visuelle Spannung bei. »Mir fällt niemand ein, der besser als er eine wirklich ruhige, stabile Atmosphäre auf der Leinwand erzeugen kann, um sie dann in einem perfekt choreographierten Chaos explodieren zu lassen. Es macht großen Spaß zu sehen, wie sich das aufbaut und dann loskracht«, sagt Produzent Bregman.

Und Recht hat er. Was folgt ist ein wahnwitziger Actionfilm, oftmals so richtig überdreht wie der von Topher Grace (lange nicht auf der Leinwand gesehen) gespielte Yates, der sein eigenes Projekt, genannt „Tough Guy“, voranbringen will, das eine „Weiterentwicklung“ des von Kontrahendin Victoria Lasseter durchgeführten Experiments namens „Wise Man“ ist, das Hauptfigur Mike als einziges Testsubjekt überlebt hat, Yates dabei jedoch ein unkontrollierbares Chaos auslöst. »Er ist ein machtgieriger, bösartiger Kerl umgeben von einer Gang einfältiger Handlanger, die er seine Agenten nennt«, sagt der Schauspieler. »Das sind buchstäblich wahnsinnige Kriminelle, die er dazu abgerichtet hat, auf sein Kommando zu töten.«

Alle „Tough Guys“ machen uns Angst, aber einer davon ist wahrhaft furchterregend. Laugher, gespielt von Walton Goggins, ist ein riesiger, etwas unterbelichteter Schlägertyp, der sich auf überraschende Weise entwickelt. »Er hat diese verrückte Lache, deswegen hört man ihn schon lange bevor man ihn sieht«, meint der Regisseur. »Obwohl er ein totaler Psychopath ist, hat man doch Mitgefühl mit ihm, denn Walt verleiht der Figur so viel Menschlichkeit. Man wird sich vor Laugher fürchten, ihn schließlich aber doch ein ganz kleines bisschen mögen.«

»Laugher ist physisch gesehen ganz sicher eine Bedrohung, doch er bringt auch einige mentale Herausforderungen mit, die mir als Schauspieler großen Spaß gemacht haben. Sein Kichern ist sein Markenzeichen und markiert den Ausbruch des Chaos. Interessant fand ich, dass Laugher genauso ein Opfer der Umstände ist wie Mike. Yates ist sein Ziehvater, und Laugher will eben, dass Daddy sich freut«, erzählt Walton Goggins, der mit seinem Detective Shane Vendrell in der TV-Serie The Shield berühmt wurde, über seine Rolle, die schon fast mit der Kultfigur des „Beißers“ aus den Bond-Filmen konkurrieren kann.

Victoria Lasseter wird von Connie Britton gespielt, die man aus Serien wie Chaos City, 24, Friday Night Lights, American Horror Story oder Nashville kennt. Lasseter hat in der CIA Karriere gemacht, indem sie allen anderen immer zwei Schritte voraus war, doch Yates erwischt sie auf dem falschen Fuß. »Anfangs wirkt Lasseter wie eine kaltherzige, zielstrebige Frau, die sich an die Regeln hält«, erklärt der Regisseur. »Doch dann gewinnt ihr mütterlicher Fürsorgeinstinkt die Oberhand und sie wird zu einer wirklich warmherzigen, liebenswürdigen Figur. Dieser Kontrast ist faszinierend. Man drückt ihr wirklich die Daumen und hofft, dass sie einen Weg findet, um Yates auszuschalten.«

Laut Britton ist ihre Filmfigur nicht nur die typische CIA-Agentin: »Ihr Werdegang ist weniger von der Spionage bestimmt, sondern eher von der Medizin. Zur CIA kam sie wegen ihrer Forschungsarbeit und begann dort mit Experimenten, um Menschen zu mehr Kraft und Widerstandsfähigkeit zu verhelfen. So wurde sie in etwas verwickelt, das weit über ihre Erwartungen hinausging. Anfangs ging es darum, Häftlinge, die zum dritten Mal verurteilt wurden, als Freiwillige für Experimente zu gewinnen, durch die sie mehr Kraft, Intelli-genz und schnellere Reflexe entwickeln. Das hat aber nicht wirklich gut geklappt, also beschloss sie, die Experimente einzustellen.«

American Ultra als Komödie zu bezeichnen, ist eigentlich falsch. Es ist eine Mischung aus verschiedenen Stilrichtungen: Wir haben das kleine sympathische Independent-Drama, eine brisante Geheimdienstgeschichte und eine Action, wie wir sie z.B. aus den Jason-Bourne-Filmen kennen, vor dessen Produzent sich auch verneigt wird, denn das kleine fiktive Kaff in West Virginia, in dem Mike und Phoebe leben, wurde Liman getauft - nach Doug Liman, dem Produzenten der Bourne-Trilogie und Regisseur von Die Bourne Identität, Mr. & Mrs. Smith wie auch Edge of Tomorrow.

Es ist eine wilde Mischung, die jedoch fein abgeschmeckt wurde. Die „Komödie“ hält sich in Grenzen und driftet nicht wie bei Ananas Express ins Verkiffte. Daher ist der Untertitel „Kiffende Killermaschinen“ eigentlich unpassend und auch falsch, denn es gibt ledglich eine kiffende Killermaschine im Film, die jedoch nicht beides gleichzeitig ausübt.

Die teilweise recht brutale Action unterstreicht nicht nur die Geschichte sondern auch die FSK-Freigabe ab 16. »Der Look ist ziemlich stilisiert«, sagt Nima Nourizadeh. »Der Film ist wirklich wunderschön und das bereichert noch den ungewöhnlichen Erzählstil. So hochwertig er auch wirkt, ist er dennoch ein Hardcore-Actionfilm, der schockiert und überrascht.« Dazu gehört natürlich auch noch laute Musik, die von Marcelo Zarvos kommt, der u.a. die Musik zu Gesetz der Strasse - Brooklyn's Finest, Der Biber, Extant, Ray Donovan und The Affair komponiert hat und demnächst für Barry Levinson die Kasbah rockt. ■ mz

Action/Thriller/Komödie
USA 2015
96 min


mit
Jesse Eisenberg (Mike Howell) Konrad Bösherz
Kristen Stewart (Phoebe Larson) Annina Braunmiller
Topher Grace (Adrian Yates) Timmo Niesner
Connie Britton (Victoria Lasseter) Peggy Sander
John Leguizamo (Rose) Tommy Morgenstern
Walton Goggins (Laugher)
Bill Pullman (Raymond Krueger)
Tony Hale (Petey Douglas)
Stuart Greer (Sheriff Watts)
u.a.

drehbuch
Max Landis

musik
Marcelo Zarvos

kamera
Michael Bonvillain

regie
Nima Nourizadeh

produktion
PalmStar Media
The Bridge Finance Company
Circle of Confusion
FilmNation Entertainment
Likely Story
Merced Media Partners

verleih
Concorde

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