Kinostarts Februar 2015
Jazz ist eine sehr leidenschaftliche Musik. Regisseur und Drehbuchautor Damien Chazelle arbeitet mit Whiplash seine eigenen High-School-Ängste auf - zunächst mit einem 18-minütigen Kurzfilm, den er 2013 in Sundance präsentierte, und nun mit einer Spielfilmversion mit dem talentierten Shooting-Star Miles Teller in der Hauptrolle und einem umwerfend einschüchternden J.K. Simmons.
»Es gibt eine Menge Filme über die Freude an der Musik«, erzählt Chazelle. »Als junger Schlagzeuger in einem Jazzorchester einer Musikhochschule gab es jedoch nur ein Gefühl, das ich am häufigsten empfand: Angst - Angst, einen Takt zu verpassen, Angst, das Tempo zu verlieren, und am unermesslichsten die Angst vor meinem Dirigenten. Mit Whiplash wollte ich einen Film über Musik machen, der sich wie ein Kriegsfilm anfühlt, oder ein Gangsterfilm, in dem Instrumente die Waffen ersetzen, Worte sich so gewaltig anfühlen wie Waffen und sich die Action statt auf einem Schlachtfeld in einem Probenraum oder auf der Bühne entfaltet.«
Und genau das trifft den Nagel auf dem Kopf. J.K. Simmons' Fletcher könnte einem Drill-Offizier gleichgestellt werden. Es fliegen Stühle wie auch rohe Worte durch den Probenraum. Dass da, genauso wie in einem Armeelager, Teilnehmer heulend zusammenbrechen, liegt auf der Hand. Doch der von Miles Teller gespielte Andrew lässt sich nicht unterkriegen und bietet seinem Ausbilder ordentlich Paroli.
Man sieht förmlich, wie sich Andrew anstrengt, wenn er seine Finger bandagieren muss, weil er sich am Schlagzeug die Finger blutig schlägt. Das Interessante daran ist jedoch, dass Miles Teller größtenteils selbst gespielt hat, genauso wie J.K. Simmons am Klavier brillierte! »Miles war bereits ein guter Schlagzeuger, als er zum Set kam«, weiß Schnittmeister Tom Cross. »Und er bekam Unterricht an den Jazz-Trommeln. Es gab aber auch einige Nahaufnahmen der Hände und über Kopf, bei denen ein Trommler-Double eingesetzt wurde... Miles war beim Trommeln die meiste Zeit synchron. Ab und zu mussten wir ihm jedoch mit ein wenig Schnittmanipulation nachhelfen.«
Chazelle hatte ein großes Ziel vor Augen. »Er sagte immer, er wollte, dass sich die Musikszenen wie die Kampfszenen in Raging Bull anfühlen, soll heißen, dass sie sich statt zart und melodisch eher gewalttätig und brutal anhören sollten. Er wollte, dass man Whiplash in erster Linie als Actionthriller sieht und dann erst als Musikfilm«, sagt Cross.
Whiplash wurde in nur 19 Tagen gedreht. Inwiefern Chazelle sein Team dabei getrietzt hat, ist unklar. Klar ist jedoch, dass sich der 30-jährige Regisseur nun einen Namen gemacht hat, den er hoffentlich auch bei seinem kommenden Film unterstreichen kann: La La Land soll sich als Liebesbrief an die MGM-Musicals der 50er- und 60er-Jahre verstehen und soll auch diesmal wieder mit Miles Teller inszeniert werden - an seiner Seite diesmal: Emma Watson.
Wer sich nicht so sehr mit Jazzmusik anfreunden kann, für den wird der Film sicher keine große Freude sein. Das Getrommel ist jedoch bei weitem nicht so Kopfschmerz bereitend wie bei ►Birdman, wo eher Freestyle-Jazz verwendet wurde. Die beiden Hauptdarsteller liefern hier jedenfalls die vermutlich größte Vorstellung ihrer Karriere (zumindest bis jetzt). J.K. Simmons ist derart furchteinflößend, dass man selbst als Zuschauer blinzeln muss, und Miles Teller spielt diesmal nicht das nervige Arschloch, das er bislang so zahlreich darstellte (zuletzt in der Divergent-Trilogie). Whiplash ist anspruchsvolles und vor allem spannendes Kino, das man sich nicht entgehen lassen sollte! ■ mz