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(Löffelchen voll Zucker)

Saving Mr. Banks


© Disney

Wir schreiben das Jahr 1961. Schon seit Jahren bemüht sich Hollywoodproduzent Walt Disney um die Rechte an „Mary Poppins“. Die britische Autorin P.L. Travers sträubt sich hartnäckig, aber Disney gibt nicht auf und schließlich, als die finanziellen Mittel ihres Bestsellers langsam zur Neige gehen, willigt die Schriftstellerin ein, Disneys Einladung nach Los Angeles anzunehmen, der ihr persönlich das Konzept für seine „Mary Poppins“-Verfilmung präsentieren möchte. Um sie gnädig zu stimmen, gesteht Disney ihr sogar das letzte Wort beim Drehbuch zu.

In diesen kurzen zwei Wochen des Jahres 1961 setzt Walt Disney alle Hebel in Bewegung. Mit fantasievollen Storyboards und den fröhlichen Songs der talentierten Sherman-Brüder gerüstet, geht Walt in die Offensive. Doch die kratzbürstige Autorin gibt nicht nach. Hilflos muss er miterleben, wie Travers immer verschlossener wird und sein Ziel in unerreichbare Ferne rückt...

»Es ist wirklich eine fantastische Geschichte«, sagt Regisseur John Lee Hancock. »Saving Mr. Banks ist jedoch kein Blick hinter die Kulissen von Mary Poppins und auch kein Making-of. Wir befinden uns hier nicht etwa mit der jungen Julie Andrews und Dick van Dyke im Studio. Unsere Handlung spielt zwei, drei Jahre, bevor der Film gedreht wurde. Walt Disney erkannte, welche Möglichkeiten dieser Film bot. Und das war es wert, mit P.L. Travers um die Rechte zu streiten. Das ist unsere Story – die tolle Geschichte eines Meisterwerks, seine Hintergründe, seine Protagonisten und wie dieser wundervolle, bahnbrechende Film zustande kam. Auf einer tieferen Ebene geht es außerdem um zwei geniale Erzähler und das sehr persönliche Abenteuer, das Disney erlebt, während er herauszufinden versucht, warum P.L. Travers so verbissen an ihrer Geschichte und an ihrem Bild dieses innig geliebten Vaters festhält.«

Die Figur Mary Poppins ist der Fantasie der australischen Schriftstellerin P.L. Travers entsprungen. Den Grundstein für Saving Mr. Banks legte jedoch unwissentlich ein anderer Australier: nämlich Filmemacher Ian Collie, der 2002 die TV-Dokumentation The Shadow of Mary Poppins realisierte. In seinem 55-minütigen Porträt zeichnet er den Lebensweg der Autorin nach, die 1899 als Helen Lyndon Goff im australischen Maryborough (Queensland) zur Welt kam. Nachdem sie in den 1920er Jahren nach London übergesiedelt war, legte sie sich den Künstlernamen P.L. Travers zu. Travers ist der Vorname ihres Vaters, P.L. die Abkürzung für Pamela Lyndon. Denn die Schriftstellerin wollte sich nicht sofort als Frau zu erkennen geben – selbst in den 1930er Jahren noch eine gängige Praxis.

»In einer Buchhandlung stieß ich auf Valerie Lawsons Biografie über Pamela Travers«, erzählt Collie. (Die australische Erstausgabe erschien 1999 unter dem Titel „Out of the Sky She Came: The Life of P.L. Travers“.) »Dass Travers Australierin war, faszinierte mich, denn die Geschichte von „Mary Poppins“ gilt als urenglisch. ‚Wow, das hat also eine Australierin geschrieben!‘, dachte ich. Als ich dann die Biografie las, stellte ich fest, dass viele Charaktere und Begebenheiten ihren Ursprung in Travers' Kindheit im ländlichen Queensland haben, im Buch aber nach London verlegt wurden. Allein schon das fand ich spannend.«

In Rückblenden erzählt der Film die Hintergründe, die Travers dazu führten, auszuwandern, und ihre Erlebnisse in Kinderbuchgeschichten zu packen. Die vier Schlüsselrollen sind Travers' alkoholkranker Vater Travers Robert Goff (das Vorbild für Mr. Banks in „Mary Poppins“), seine unglückliche, selbstzerstörerische Frau Margaret, deren Schwester Tante Ellie (die nicht, wie das berühmte Kindermädchen Mary Poppins, kommt, um Ginty und ihren beiden kleinen Schwestern beizustehen, sondern dem schwachen, todkranken Vater) und vor allem die siebenjährige Autorin Helen Lyndon Goff, Spitzname: Ginty.

Für die Rolle von Travers Goff, P.L. Travers’ unglücklichem Vater, der in den Rückblenden auftritt, wandten sich die Filmemacher an Colin Farrell. »Mit Colin haben wir einen irischen Poeten dabei«, sagt Hancock bewundernd. »Er ist ein brillanter Schauspieler, tiefsinnig und sensibel. Ich war sicher, dass er diesen Aspekt unserer Geschichte zum Leben erwecken konnte. Einen Vater wie Colin Farrell würde jedes kleine Mädchen anhimmeln und ihm alle seine Fehler verzeihen. Durch Colin wird diese Vater-Tochter-Beziehung für uns besser nachvollziehbar.«

»Travers Goff quält sich mit Selbstzweifeln, die schwer zu greifen sind«, sagt Colin Farrell. »Das schimmert auch ein wenig in Mr. Banks aus „Mary Poppins“ durch. Diese Figur ist ganz anders als alle, die man mir bisher angeboten hat. Ich wäre sehr traurig gewesen, wenn es nicht geklappt hätte. Ich liebe diesen Film, und ich liebe diese Geschichte. Ich bin überglücklich, dass ich dabei sein konnte. Dieser Film hat so viel Herz.«

Nach einer geeigneten Kinderdarstellerin, die die junge Pamela Travers verkörpern könnte, musste Hancock indes lange suchen. Man einigte sich schließlich auf die elfjährige australische Schauspielerin Annie Buckley. »Annie wirkt so natürlich und unverdorben, arglos und unschuldig. Ich war sicher: Wenn es uns gelingt, diese Ausstrahlung auf der Leinwand einzufangen, würde das Publikum der erwachsenen Pamela Travers alles nachsehen«, schwärmt Hancock. »Mit ansehen zu müssen, wie so viel Offenheit, Vertrauen und Hoffnung von den Menschen, die sie liebt, enttäuscht wird, und wie sie sich einen Panzer zulegt, damit sie nie wieder verletzt wird – das lässt uns mit Pamela fühlen, anstatt sie zu verurteilen.«

Ruth Wilson (Luther, Lone Ranger) verstärkt die Besetzung als P.L. Travers' Mutter Margaret Goff. »Margaret hat wohl unter ihrem Stand geheiratet«, erläutert die englische Schauspielerin. »Sie ist mit diesem charismatischen Schöngeist verheiratet, der ihr die Welt zu Füßen legen und all ihre Träume wahr werden lassen sollte. Doch dann hielt der Alltag Einzug, und das Leben mit Travers erwies sich als sehr viel schwerer, als sie es sich ausgemalt hatte. Im Film erlebt man mit, wie sie in dieser Abgeschiedenheit Stück für Stück regelrecht verfällt, mit einem alkoholkranken Mann und drei Kindern, ohne Familie oder Freunde, die sie unterstützen. Wir sehen, wie sie aus der Bahn geworfen wird – genauso wie parallel Travers. Nachdem beide Elternteile dem Alltag nicht mehr standhalten, übernimmt Ginty praktisch die Elternrolle.«

Die Filmemacher und die Schauspieler wollten die Rückblenden rau und authentisch, aber gefühlvoll gestalten. Und Wilson findet, dass ihnen das auch gelungen ist: »Diese Sequenzen zeigen das harte Leben, das die Familie Goff führt. Das beeinflusst Gintys ganzes weiteres Leben. Dadurch ist sie zu der Frau geworden, die wir in Emma Thompsons P.L. Travers sehen. Man muss erst begreifen, woher sie kommt, was sie durchgemacht hat und mit ihr fühlen, um verstehen zu können, warum sie so geworden ist. Das fließt auch in ihre Konfrontation mit Walt Disney ein, und wofür dieser Mann steht. Die Rückblenden sind ein unverzichtbarer Teil der Geschichte, der Grundstein für Emmas Reise in den Szenen des Jahres 1961.«

Rachel Griffiths (Brothers & Sisters), mit der Hancock bereits Die Entscheidung – Eine wahre Geschichte gedreht hat, übernimmt in den Rückblenden die Schlüsselrolle der Tante Ellie, Margaret Goffs Schwester und das Vorbild für P.L. Travers’ weltberühmtes Kindermädchen.

»Saving Mr. Banks ist ein sehr aufrichtiger Film. Er zeigt, wie es wirklich war«, erzählt Songwriter Richard Sherman, für den diese Wochen 1961 einen bedeutenden Karriereabschnitt darstellten. Erst die frustrierenden Verhandlungen mit Travers, dann schließlich der Triumph und die Freude über den gigantischen Erfolg von Mary Poppins. »Kein Mensch kennt diese Geschichte. Wir haben zwar immer gesagt, dass die Frau schwierig war, aber hier wird das zum ersten Mal thematisiert. Walt holte zwei Songwriter und einen Autor, um einen Film auf die Beine zu stellen, von dem er wusste, dass er ihn der ganzen Welt verkaufen könnte. Walt wusste genau, was er da hatte. Nur Mrs. Travers konnte er nicht davon überzeugen. Das ist die Geschichte.«

Emma Thompson in der Rolle der P.L. Travers spielt so herrlich verschroben britsch, dass es eine wahre Freude ist, ihr dabei zuzusehen. Doch auch wenn das gespielische Hauptaugenmerk auf den von Tom Hanks gespielten Walt Disney liegt, der ihn übrigens eher gutmütig spielt, anstatt den knallharten Boss rauszukehren (was wahrscheinlich daran liegt, dass dies eine Disneyproduktion ist und man den Ruf des Chefs und seines Werkes nicht schädigen wollte), ist Paul Giamatti als ihr Chauffeur die Figur, die Travers am ehesten beeinflusst, gerade weil er sich nicht um ihre Belange kümmert.

»Die beiden haben ein schönes Verhältnis«, sagt Giamatti. »Bei ihm zeigt sie sich von einer anderen Seite. Wir erleben sie als schwierig, aber bei Ralph entspannt sie sich. Auch mit ihm geht sie ziemlich ungehobelt um, aber er kann sie einschätzen und bleibt ganz cool. Ralph ist sehr liebenswürdig, und nach einer Weile kann sie seinem Charme nicht länger widerstehen.«

»Ralph ist eine schöne Figur«, findet Emma Thompson. »Er ist von Anfang an nervtötend fröhlich, und Pamela ist ziemlich lange unverschämt zu ihm. Aber Ralph lässt sich nicht die Laune verderben, er nimmt das nicht persönlich. Dabei ist er bescheiden und respektvoll, und damit nimmt er sie schließlich für sich ein. Diese Begegnung ist für Pamela die angenehmste in Amerika, bei ihm taut sie auf. Dabei wird es aber nie sentimental.«

Auch Tom Hanks hat sich seine Rolle völlig zu eigen gemacht, lobt Regisseur John Lee Hancock: »Dieser Film zeigt eine Seite von Disney, die wir so noch nicht gesehen haben. Dies ist nicht der Onkel Walt, den wir aus der Serie Disneyland kennen. Es hat Spaß gemacht, einen anderen Walt zu entdecken. Aber wer sollte diesen Disney spielen, zu Walt Disney werden? Da fiel uns allen nur einer ein: Tom. Es ging mir nie darum, ihm eine Maske zu verpassen, damit er Disney möglichst ähnlich sieht. Sein Walt Disney sollte von innen heraus entstehen. Tom ist ein großartiger Schauspieler und geht genau so an seine Rollen heran – von innen.«

Allerdings wirkt auch Hanks' Disney noch ein wenig zu sehr familiär, was vielleicht auch mit seiner Herangehensweise an Travers zu tun hatte, denn Disneys Motive waren rein familiär. Er versprach nämlich seinen Töchtern, „Mary Poppins“ zu verfilmen, auch wenn es letztlich 20 Jahre gebraucht hat.

»Tom Hanks trägt den amerikanischen Pioniergeist in sich«, findet Schauspieler B.J. Novak, der im Proberaum, wo die Shermans P.L. Travers erste Kompositionen präsentieren, mehrere Szenen mit Hanks hat. »Er ist wirklich kreativ, ohne dabei abgedreht oder abgehoben zu sein. Er ist normal und verbindlich, so wie auch Walt Disney gewesen sein muss – oder wie wir ihn uns zumindest vorstellen. Im Drehbuch jedenfalls ist er einfach umwerfend. Mit seinem Charme und Optimismus wickelt Walt Disney jeden um den Finger. Und ich glaube, dass Tom Hanks es genauso macht.«

Ein eigenes Museum hätte auch der legendäre Songwriter Richard Sherman verdient, der als Berater der Produktion in Nostalgie schwelgte – auch wenn seine Erinnerungen nicht nur positiv sind. In Saving Mr. Banks kehrt er nun ins Jahr 1961 zurück und erlebt diese Zeit mit seinen Kollegen sowie die Mary Poppins-Premiere 1964, die Hancock im Film nachstellt, ein zweites Mal.

Bradley Whitford spielt Drehbuchautor Don DaGradi, der seine Laufbahn als Trickzeichner begann: »Walt gab ihm eine Riesenchance, als er ihn vom Zeichner zum Mitautor des Skripts beförderte«, erläutert Whitford. »Das war ein echter Karrieresprung für ihn. Umso schlimmer war es dann für Don und die Sherman-Brüder, als sie an dieser Mauer namens P.L. Travers abprallten.«

Die Walt Disney Archives versorgten die Schauspieler und das Produktionsteam mit über 6 Stunden Audiomitschnitten von Storymeetings mit P.L. Travers und dem Mary Poppins-Kreativteam. In den Aufnahmen, die auf Travers’ Wunsch zwischen dem 5. und 10. April 1961 entstanden, ist zu hören, wie die strenge Schriftstellerin den Songwritern Richard M. und Robert B. Sherman, Drehbuchautor Don DaGradi und Bill Server, Leiter der Abteilung Storyentwicklung (der Travers zudem während ihres Aufenthalts betreute), ihre Meinung kundtut. Einige von diesen Originalaufnahmen sind dann übrigens während des Abspanns zu hören.

Als die berühmten Mary Poppins-Komponisten engagierten die Filmemacher Jason Schwartzman (Moonrise Kingdom, Rushmore) und B.J. Novak. »Ich hatte vorher noch nie von den Sherman-Brüdern gehört«, gibt Novak, einer der Stars und Autoren der Sitcom The Office, zu. »Alle waren begeistert, als ich erzählte, dass Jason Schwartzman und ich Brüder spielen. In Sachen Temperament und Aussehen ergänzen wir uns wirklich gut. Ich würde sagen, dass ich von Natur aus eher ernst und introvertiert bin – genau wie Bob. Und ganz anders als Jason: Er ist der reinste Sonnenschein. Es ist schon komisch, dass wir nun zwei Brüder spielen, die exakt dieselbe Dynamik hatten.«

Jason Schwartzman schließt sich an: »Als John Lee Hancock sagte, dass B.J. Novak meinen Bruder spielen würde, war ich begeistert, denn wir sehen uns sogar ähnlich. Und zumindest oberflächlich betrachtet wirkt B.J. zurückhaltend und ernst, also ganz ähnlich wie Bob. Er ist aber auch sehr witzig und ein großartiger Autor.«

Als Richard Sherman sah, wie Schwartzman sein jüngeres Ich 50 Jahre später vor der Kamera wiederauferstehen ließ, war das für ihn, als sähe er ein Privatvideo von früher: »Er ist toll, ganz wunderbar, und ein großes musikalisches Talent. Er spielt Schlagzeug, Klavier und schreibt eigene Songs. Er strotzt vor Energie, genau wie ich damals ...und immer noch bin, will ich hoffen.«

Um Richard Shermans unvergleichlichen Stil hinzubekommen, wurden Jason Schwartzman Großaufnahmen von Shermans Händen zur Verfügung gestellt, entstanden am Klavier in Walt Disneys Büro. Darüber hinaus übte Schwartzman zahllose Stunden bei Richard Sherman zu Hause, um sich dessen Technik anzueignen – und dabei die Gesellschaft des legendären Komponisten zu genießen.

»Jason Schwartzman ist ohnehin Musiker - er spielt Klavier«, ergänzt Regisseur Hancock. »Das kam uns natürlich zugute, weil viele der Songs in den Probenszenen des Films live gespielt werden. Jason hat sogar gelernt, genauso wie Dick Sherman zu spielen, in diesem schwungvollen Stil. Die beiden haben Stunde um Stunde zusammen geübt.«

Zum Finale der Produktion fanden sich rund 150 Teammitglieder im Studio ein, alle noch in der Hochstimmung der vergangenen Tage, als der Evergreen „Drachensteigen“ („Let's go fly a Kite“) geprobt wurde. Da nahm zur allgemeinen Überraschung Richard Sherman höchstpersönlich am Klavier Platz, spielte den Song und forderte alle zum Mitsingen auf. Sofort zückten Dutzende ihre Handys und filmten dieses spontane Musikvideo, als ganz persönliche Erinnerung an ihre Zeit mit „Mary Poppins“.

In Saving Mr. Banks bekommt das Publikum nicht nur einen einzigartigen Einblick in das Tauziehen hinter den Kulissen von Mary Poppins, sondern lernt auch die kreativen Köpfe kennen, die diesen Klassiker erst möglich gemacht haben – von einer zänkischen, mürrischen Autorin bis zu einem unerschütterlich optimistischen Geschäftsmann, der eine Vision hatte. Das ist sehr unterhaltsam, informativ als auch dramatisch.

Der Film war übrigens erst die dritte Produktion (nach Ein Rucksack voller Ärger von 1962 und Tom Hanks' Regiedebüt That Thing you do! von 1996), die im originalen Disney-Park in Anaheim drehen durfte! Für das australische Outback des vergangenen Jahrhunderts schwebte Hancock eine weitläufige Landschaft mit Hügeln und Gebüsch vor. Bei den Castingterminen in Australien fuhren Hancock und Produzentin Alison Owen auch nach Maryborough und Allora, um sich die Locations persönlich anzusehen. »Sie standen tatsächlich in der Straße, in der die Goffs damals gewohnt haben. Da P.L. Travers in Australien verehrt wird, ist ihr Haus zum Glück erhalten geblieben«, sagt Produktionsdesigner Michael Corenblith.

Kurz bevor die Rückblenden von Travers’ Kindheit in Australien gedreht wurden, wurde Colin Farrell bewusst, dass er gar keine Gelegenheit haben würde, seine Mitspieler zu treffen, die auf der anderen Handlungsebene anno 1961 im Einsatz waren. Also richtete Farrell in seinem Haus in Hollywood ein Dinner für seine Schauspielkollegen aus, deren Arbeit er sehr schätzte. »Wir waren eine tolle Truppe, ungefähr 25 Leute«, erinnert sich Farrell. »Bradley Whitford oder Paul Giamatti hätte ich sonst nicht getroffen. Ich dachte, es wäre schön, wenn wir uns alle zusammen Mary Poppins ansehen. Nach dem Essen schmiss ich also im Hintergrund den Film an. Kaum tauchten die ersten Szenen auf dem Bildschirm auf, ging einer nach dem anderen rüber, um sich den Film anzusehen. Sehr lustig.«

Die Kostüme und die Bauten wirken sehr authentisch, auch wurden extra Sets entworfen, die originalgetreu nachgebildet wurden. Die Autos, die Gebäude, die Schilder - man fühlt sich regelrecht ins Jahr 1961 versetzt. Nachdem noch einige zusätzliche Australiensequenzen in den Universal Studios abgedreht wurden (die staubbedeckten Fassaden der „Western Street“ neben den alten Kulissen aus Zurück in die Zukunft dienten dabei als Goffs Bank), begann Hancock am Ontario Airport in San Bernardino County, ca. 80 Kilometer östlich von Los Angeles, mit dem zweiten Akt. Dort nutzte der Filmemacher eines der stillgelegten Terminals, um Innen- wie Außenansichten des LAX-Flughafens anno 1961 zu filmen, wenn Travers in Los Angeles eintrifft.

Dazu gibt es eine witzige Anekdote: Im Film betritt P.L. Travers ihre Hotelsuite in Beverly Hills und fällt fast über Unmengen von Disney-Fanartikeln – dank Bühnenbildnerin Susan Benjamin, die die Suite mit allem Erdenklichen vollstopfte, von einer 1,80m großen Mickey Mouse bis hin zu Luftballons. Das brachte Sean Bailey, Produktionschef der Walt Disney Studios, auf die Idee, Emma Thompson einen Streich zu spielen: Er dekorierte auch ihr Hotelzimmer in Los Angeles mit allem, was er an Disney-Merchandise in die Finger bekam. Eine Woche später erhielt Bailey ein Dankesschreiben von Thompson – mit der Frage, ob man irgendwo in ihrer Suite eine Videokamera versteckt habe, um ihr Gesicht zu sehen!

Am 27. August 1964 richtete Disney im Grauman's Chinese Theatre (inzwischen in TCL Chinese Theatre umbenannt) mit großem Brimborium die triumphale Weltpremiere von Mary Poppins aus. Produktionsdesigner Corenblith stand vor der gewaltigen Aufgabe, diesen legendären Abend zu rekonstruieren. Dazu musste er das Kino in den Zustand von vor 50 Jahren zurückversetzen. Location Manager Andrew Ullman ließ unterdessen mit Unterstützung der Handelskammer den Hollywood Boulevard über zwei Straßenblocks sperren, um den Nachtdreh Ende Oktober zu gewährleisten.

Emma Thompson beschreibt P.L. Travers' Reaktion auf den mitreißenden letzten Song in Mary Poppins – und auch ihre eigene: »Als P.L. Travers „Let's go fly a Kite“ hört, kommt die Botschaft des Songs bei ihr an. Sie ist sehr glücklich damit. Denn einer ihrer größten Kritikpunkte war, dass Mr. Banks im Film zu böse erscheint. Dabei sollte er doch der perfekte Vater sein, den sie nie hatte - ein Vater, der vielleicht Probleme hat, aber trotzdem immer liebevoll bleibt. Als Mr. Banks mit den Kindern den Drachen steigen lässt, nimmt er P.L. mit. Das macht diesen Moment so ergreifend. Es ist ein wunderbarer Song, sicher einer der schönsten, die je geschrieben wurden. Ich weine jedes Mal, wenn ich ihn höre.«

Das ist dann auch die thematische Beziehung zum Filmtitel, die sich erst während des Films offenbart. Jetzt kann jeder mitweinen (oder zumindest mitsingen und -schwingen) in diesem „Quasi-Making-of-Film“, der uns viel hinter die Kulissen des Filmgeschäfts blicken lässt. Klassisch für Hollywood, und noch mehr für Disney typisch, ist der Film so seicht, dass er von der ganzen Familie gesehen werden kann - perfekt für eine Doppelvorstellung mit Mary Poppins! Wer weichgespülte Familienfilme nicht mag, kann sich gern einen der anderen zahlreichen Filme ansehen, die jede Woche in die Kinos kommen... ■ mz

22. März 2014
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OT: Saving Mr. Banks
Komödie
USA 2013
131 min


mit

Emma Thompson (P.L. Travers) Monica Bielenstein
Tom Hanks (Walt Disney) Arne Elsholtz
Annie Rose Buckley (Ginty)
Colin Farrell (Travers Goff) Florian Halm
Ruth Wilson (Margaret Goff) Marie Bierstedt
Paul Giamatti (Ralph) Lutz Schnell
Bradley Whitford (Don DaGradi) Stefan Fredrich
B.J. Novak (Robert B. Sherman) Tobias Nath
Jason Schwartzman (Richard M. Sherman) Norman Matt
Lily Bigham (Biddy)
Kathy Baker (Tommie)
Melanie Paxson (Dolly)
Andy McPhee (Mr. Belhatchett) Bodo Wolf
Rachel Griffiths (Tante Ellie)
u.a.

drehbuch
Kelly Marcel
Sue Smith

musik
Thomas Newman

kamera
John Schwartzman

regie
John Lee Hancock

produktion
Walt Disney Pictures
Ruby Films
Essential Media & Entertainment
BBC Films
Hopscotch Features

verleih
Disney

Kinostart: 6. März 2014