Interview mit Olivier Megaton
Transporter 3
Olivier Megaton wurde 1965 als Olivier Fontana geboren. Es heißt, der ehemalige Graffiti-Künstler habe sich den Namen Megaton nach seinem Geburtstag gegeben: Der 6. August 1965 ist der 20. Jahrestag des Abwurfs der Atombombe auf Hiroshima. Er begann seine Karriere in den 90er Jahren mit zahlreichen Kurzfilmen und drehte mehrere Dokumentarfilme, darunter 2004 Pin-Up Obession in Spielfilmlänge für arte.
Sein erster Langspielfilm Exit – Die Apokalypse in dir, ein Science-Ficiton-Thriller aus dem Jahr 2000, für den er auch selbst das Drehbuch schrieb und bei dem Luc Besson inoffiziell als mitwirkender Produzent fungierte, wurde 2002 als bester Film für den International Fantasy Film Award nominiert. 2002 drehte er La Sirène Rouge, einen Thriller mit Asia Argento, Jean-Marc Barr und Frances Barber nach dem gleichnamigen Roman von Maurice Dantec über eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen dem 12-jährigen Mädchen Alice und einem 40-jährigen Auftragskiller. Im Actiongenre machte er sich 2007 als Zweitregisseur zu Hitman – Jeder stirbt allein einen Namen, wo er für die gesamte U-Bahn-Kampfszene verantwortlich zeichnete, bevor Luc Besson ihm den Auftrag für die Regie des dritten Transporter-Streifens übertrug.
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Was bedeuten die Transporter-Filme für Sie?
Für mich liegt die Transporter-Serie irgendwo zwischen James Bond und Stirb Langsam, auch wenn ihre Erzählstruktur mehr in Richtung John McTiernans Arbeiten geht, mit einem sympathischen Hauptdarsteller auf dem schmalen Grat zwischen Humor und Ernsthaftigkeit, der regelmäßig in Situationen gerät, die ihn an seine Grenzen stoßen lassen. Mit den Mitteln die uns zur Verfügung standen, haben wir es geschafft zu beweisen, dass eine französische Firma dazu in der Lage ist, eine Marke auf der Grundlage einer Filmfigur, der die Leute immer mehr zugetan sind, zu etablieren.
Wie sah Ihr Ansatz aus, die Marke und die Figur in diesem dritten Teil weiter zu entwickeln?
Der erste Film traf den Geschmack der späten 90er Jahre, mit einem Helden, der lustig sein musste und die ganze Zeit Witze reißen sollte. Im zweiten Teil näherten wir uns Tony Scotts Mann unter Feuer. Plötzlich stand für Frank viel mehr auf dem Spiel. Jetzt, im dritten Teil bewegen wir uns wirklich auf dem Terrain von Stirb Langsam, mit einem Helden, der zur Geisel der Story wird. Zum ersten Mal ist Frank wirklich in Gefahr. Man könnte sagen, die Figur ist reifer geworden (kaum zu glauben: Frank verliebt sich), aber auch in Bezug auf den Bösewicht und wie dieser dargestellt ist. Mit Robert Knepper als Kontrahenten erhält die Figur Frank Martins eine verblüffende, neue Dimension.
Wie haben Sie mit Jason Statham an dieser neuen Facette seiner Figur gearbeitet?
Nach einem kurzen Moment verständlichen Zögerns wurde er durch die Art, wie er gefilmt wurde, bestätigt und wir begannen eine überzeugende Auseinandersetzung mit der Filmfigur. Jason ist ein sehr instinktiver Schauspieler, mit dem man auf viele Dinge während der Dreharbeiten stößt. In meinen Augen ist er der neue Bruce Willis. Er hat das gleiche Charisma. Er kann sich glücklich schätzen, dass er nicht zu sprechen braucht – seine Augen drücken alle Gefühle aus, um beim Publikum gut rüber zu kommen.
Als Sie die Regie übernommen haben, was war Ihre größte Herausforderung?
Es war mehr als eine Herausforderung, es war eine regelrechte Mission! Wenn man das Drehbuch von Transporter 3 liest, ist sofort klar, dass sich das Actionlevel verdreifacht hat. Die Bourne-Trilogie hat den Actionfilm in das neue Millennium katapultiert und deshalb mussten wir uns mit diesem Film noch steigern, um zu beweisen, dass wir mit Hollywoodfilmen mithalten konnten.
Was ist schön daran, mit bereits eingeführten Charakteren zu spielen?
Es ist ein bisschen wie mit Comicfiguren: Man hat mit den Stereotypen Spaß, während man versucht, den Gegebenheiten eine neue Wendung zu geben. Wir beschlossen zum Beispiel, Frank realistischer und stilvoller aussehen zu lassen. Jason Statham hat für den Film einiges an Gewicht verloren. Seine schärferen Gesichtskonturen verleihen ihm noch mehr Präsenz und es hat sich wirklich gelohnt, ihn in die Dior-Anzüge zu stecken! Ähnlich war es mit François Berléand, der wahren Comicfigur des Films. Wir behielten den unkonventionellen Aspekt bei (er fährt in einem alten Renault durch Europa) aber wir verzichteten auf die Bermudashorts und die Hawaiihemden, um seine Kleidung realistischer wirken zu lassen.
Dem Film sieht man eine überschwängliche Freude am Spiel mit den Regeln des Genres an, wie z.B. die Schießereien und Verfolgungsjagden...
Ja, wir haben eine Menge Neuerungen bei den Verfolgungsjagden eingeführt, die wir alle bei echter Geschwindigkeit drehten, und bei den Autostunts, die wir aus vielen verschiedenen Blickwinkeln filmten. Alles in allem wollten wir die Balance zwischen Modernität und dem Respekt für die Genretradition halten. Obwohl wir zum Beispiel die Regeln der Kampfszenen im Vergleich zu den ersten beiden Filmen nicht ändern konnten, gelang es uns, sie prägnanter zu filmen. So wurde die Werkstattszene mit einer Steadycam gedreht, um den Schauplatz und die Entwicklung der Figur festzuhalten. Ohne Corey Yuens Methoden oder seinem Stil in die Quere zu kommen, führt das Ergebnis unsere Modernität und das Poetische seiner chinesischen Choreographie zusammen.
Würden Sie zustimmen, dass diese Art von Actionfilm, wie Guillermo del Toro es von Hellboy behauptet, ein großer experimenteller Spielplatz ist?
Es gibt nichts unvorhersagbareres, als ein Regisseur zu sein. Es wäre sehr anmaßend, zu behaupten, das Handwerk nach drei Spielfilmen und fünfzehn Kurzfilmen zu beherrschen. Man kann nicht alles kontrollieren, was die Organisation, das Wetter und die Finanzierung angeht und man lernt bei jedem Dreh etwas dazu. Mit anderen Worten: Sicher, ich sehe diesen Film als einen wunderbaren Übungsplatz, insbesondere was Spezialeffekte angeht. Der Vorteil am Auftrag, einen Film zu machen, ist, dass es einen von anderen Sachzwängen befreit - besonders dem Schreiben, was viel Zeit beansprucht. Andererseits muss man immer die Marke und die Figur im Auge behalten, während man gleichzeitig etwas Neues einfließen lässt. Dabei lernt man viel, es ist hart, aber es macht auch eine Menge Spaß. Es vergeht kein Tag, ohne dass ein Stabsmitglied anruft, um mir zu sagen, wie langweilig es ist, seit die Dreharbeiten abgeschlossen sind! ■ mz | Quelle: Universum Film
25. September 2018

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