The marvellous Mrs. Emmy
Letzte Nacht wurden zum 70. Mal in Los Angeles die Emmys® vergeben. Zum Jubiläum hat man sich ein paar Dinge einfallen lassen. So hatten sich die Gastgeber Colin Jost und Michael Che (hauseigene SNL-Nachrichtensprecher, so wie einst Tina Fey und Amy Poehler) ihre ehemaligen SNL-Kollegen Fred Armisen und Maya Rudolph für ein Segment geholt, zwischendurch Fakten der Emmys® zu präsentieren, was natürlich erwartungsgemäß komödiantisch in die Hose ging. Stehende Ovationen bekam die 96-jährige Komikerin Betty White, die völlig überwältigt eine Rede hielt, denn sie war die einzige, die von Anfang an seit 1949 dabei war. Sie bekam Handküsse von ihren SNL-Präsentatoren Alec Baldwin und Kate McKinnon.
»I thank Lorne Michaels for all the things he has done with me. And for me.« - Betty White
Kate McKinnon und Kenan Thompson eröffneten die Show mit der Musiknummer „We solved it!“, denn die 70. Emmy®-Verleihung hatte die vielfältigsten Nominierten - so Sandra Oh als erste Asiatin, die nominiert war, oder Schwarze und Schwule. Auch unter den Präsentierenden wurde die Vielfältigkeit hoch geschrieben. U.a. präsentierte die völlig unbekannte Hannah Gadsby, die öffentlich bekundete, dass sie keine Männer mag (und klischeebehaftet genauso aussah).
Es folgte eine kleine Tanznummer mit Tänzerinnen in bunten Farben, um diese Aussage zu unterstreichen. Doch es dauerte eine Weile, bis diese Vielfältigkeit auch unter den Preisträgern auswirkte. Erst nach James Cordens Einwurf »Let's get it trending - #emmyssowhite« erhielt Regina King als erste Schwarze an diesem Abend einen Emmy® für ihre Rolle in der limitierten Netflix-Serie Seven Seconds. Die Schauspielerin war sichtlich überrascht und sprachlos bewegt. Später erhielten auch Drag Queen RuPaul und Thandie Newton die Trophäe.
»The only ones, who are thanking Jesus, are Republicans or crackheads.« - Michael Che
Natürlich durfte die Eröffnung der Zelebrationen nicht ohne bissige Kommentare der Gastgeber stattfinden. So gaben sie bekannt, dass erstmals Getränke im Saal erlaubt seien und Netflix die meisten Nominierungen hatte. Sie erwähnten, dass die einzigen, die Jesus danken, entweder Republikaner oder Cracksüchtige seien und The Handmaid's Tale Roots für Weiße Frauen“ sei.
Bei den Preisträgern gab es positive Überraschungen und Erwartungserfüllungen. So bot z.B. Amazon seinem Konkurrenten Netflix Paroli, denn The Marvellous Mrs. Maisel ging als großer Gewinner aus. Mit Rachel Brosnahan als beste Hauptdarstellerin, Alex Borstein (die sich an die Busen fasste und bemerkte, sie sei ohne BH aus dem Haus gegangen) als beste Nebendarstellerin, beste Komödienserie, Regie und Drehbuch konnte die bemerkenswerte Serie über eine jüdische Hausfrau, die sich im New York der 60er Jahre als Stegreifkomikerin etabliert, fünfmal punkten. Serienmacher David Palladino sagte, dass sie vor ein paar Tagen erst die Dreharbeiten zur 2. Staffel beendet haben, und dass er es kaum erwarten kann, alle zum Dreh von Staffel 3 wiederzusehen.
Erwartungsgemäß gewannen auch The Americans zum Serienende den Preis für das beste Drehbuch einer Dramaserie sowie Matthew Rhys als bester Dramaschauspieler. Ebenfalls konnte sich Ryan Murphy für seine American Crime Story: The Assassination of Gianni Versace auf drei Preise freuen (beste Serie, Regie und einer für Darren Criss als bester Hauptdarsteller), auch die Netflix-Serien Godless und The Crown konnten zwei Preise ergattern - bei Claire Foy erwartungsgemäß, denn die Serie macht einen Zeitsprung, weshalb ab der kommenden Staffel Olivia Colman die Rolle von Königin Elizabeth II. übernehmen wird. Der zweite Preis ging an Stephen Daldry für die beste Regie, doch dieser war als einziger Preisträger nicht anwesend.
Auch Bill Haders HBO-Serie Barry konnte sich auf zwei Preise freuen - einen für ihn und Henry Winkler, der sich tierisch darüber gefreut hat. Ebenfalls zwei Emmys® erhielt Game of Thrones - für die beste Dramaserie sowie beste Nebenrolle für Peter Dinklage, der seinen Preis mit seinem »Brother from another Mother« Nikolaj Coster-Waldau teilt. Erwartungsgemäß erhielt auch die Black Mirror-Episode „USS Callister“ einen Emmy®, sowie Saturday Night Live und die Oscar®-Verleihung.
»I don't really believe in God, but I thank her later.« - Thandie Newton
Erstaunlich war, dass Thandie Newtons herausgerutschtes F-Wort nicht herausgepiept wurde. Zu einer großen Aufregung im Saal sorgte die Dankesrede von Glenn Weiss, der für die Oscar®-Regie ausgezeichnet wurde. Erst erzählte er, dass er noch voller Trauer ist, da seine Mutter erst vor zwei Wochen gestorben war, dann fasste er sich neuen Mut und machte seiner Freundin einen Heiratsantrag, die prompt zusagte und zum properen Kniefall des Bräutigams auf die Bühne schnellte. Das war wohl nicht ganz so geplant, wie Herr Weiss es sich vorgestellt hatte, aber mit seiner Dankesrede hatte er sich in diese Situation hinein manövriert. Vermutlich wollte er die eigentliche Frage hinter der Bühne stellen. Auf jeden Fall waren alle Anwesenden gerührt und überwältigt. Diese Einlage beeinflusste auch Michael Ches Zwischenkommentar (»My girl is here too...«) wie auch Matthew Rhys, der in seiner Dankesrede betonte, er würde jetzt nicht auch noch auf der Bühne um die Hand seiner Serienpartnerin Keri Russell anhalten. In dieser Hinsicht sorgte auch der kugelrunde Bauch von Yvonne Strahovski für Aufsehen.
Auch sonst war die Show nicht langweilig. Nicht nur die Bühne wirkte aufgeräumt, auch die neue Aufteilung der Preiskategorien machte das Ganze übersichtlicher. Auch durften mit Rick & Morty mal wieder Zeichentrickfiguren präsentieren. Als Zwischensegment spielten die Gastgeber die „Reparation Emmys“ ein, worin schwarze Schauspieler für ihre Leistungen inoffiziell einen Emmy® bekommen haben. Michael Che bemerkte bei der Übergabe scherzhaft: »Ich habe sie von Bill Cosby geklaut.« Natürlich durfte auch das „In memoriam“-Segment oder der Auftritt der Buchhalter nicht fehlen, der allerdings ganz witzig war. Außerdem baten die Gastgeber um Spenden für die Hurricane-Opfer. Es gab aber auch wieder diverse Modeopfer - so RuPauls weißer Anzug mit mehreren nebeneinander angeordneten Freiheitsstatuen-Silhouetten auf einer Jackettseite und knallroten Schuhen oder Rachel Brosnahans rotes Kleid, bei dem man denkt, der linke Träger sei heruntergerutscht, dabei sollte das so aussehen. Doch auch wenn die Dramaturgie wie immer etwas unvollständig wirkte, so war es doch eine rechte unterhaltsame Show. ■ mz
18. September 2018
Show/Unterhaltung
USA 2018
180 min


mit
Michael Che
Colin Jost
Maya Rudolph
Fred Armisen
Kate McKinnon
RuPaul
John Legend
Sterling K. Brown
Kristen Bell
Tituss Burgess
Kenan Thompson
u.a.

drehbuch
Dave Boone, Megan Callahan, Michael Che, Mikey Day, Fran Gillespie, Sudi Green, Sam Jay, Zach Kanin, Jon Macks, Josh Patten, Katie Rich, Tim Robinson, Pete Schultz, Streeter Seidell, John Solomon, Kent Sublette, Bryan H. Tucker

musik
Eli Brueggemann, Leon Pendarvis, Lenny Pickett

kamera
Richard Bakewell

regie
Hamish Hamilton

produktion
Academy of Television Arts and Sciences (ATAS)
Broadway Video
Done and Dusted Productions

sender
NBC | TNT-Serie