Der geilste Tag
Überlebenskünstler Benno trifft nach fataler Krebsdiagnose im Hospiz den kauzigen, überaus ängstlichen Pianisten Andi. Nach holpriger Kennenlernphase tun sich die gegensätzlichen Männer zusammen, ergaunern eine ordentliche Summe Geld, mit dem sie sich noch allerlei Dinge gönnen, den geilsten Tag erleben wollen - wie mit einem Sportwagen durch die Gegend zu brausen und schließlich im Campingbus durch Südafrika zu reisen.
»Aus dem Leben einer Lungenfibrose...« - Andi
Autor, Regisseur, Mitproduzent und Hauptdarsteller Florian David Fitz hatte jemanden kennengelernt, der »aufgrund seiner Krebsdiagnose tatsächlich 30.000 DM von der Bank als Darlehen aufnahm und alles in vollen Zügen durchgebracht hat.« Als er diese Punchline seinem Kollegen Matthias Schweighöfer in einem Fischrestaurant nahe brachte, war dieser sofort begeistert. »Ich weiß nicht, ob er das inzwischen bereut hat, denn das Sterben ist für Matthias eigentlich kein angenehmes Thema!«, lacht er.
»Weil ich den Film mit Matthias zusammen machen wollte, ging es nun darum, eine zweite Figur zu erfinden: einen Mann, der im Leben immer zu kurz gekommen ist und jetzt dem Tod ebenfalls ins Auge blicken muss«, sagt der Regisseur und Drehbuchautor. Also erfand er die Figur des Benno dazu - ein kleinkrimineller Überlebenskünstler, der nach einer fatalen Krebsdiagnose im Hospiz den lungenkranken Andi kennenlernt. Beide sind depressiv und treffen auf dem Dach des Hochhauses aufeinander, als sie sich zu Tode stürzen wollen, kommen dann jedoch ins Gespräch.
Benno bekommt eine Idee und schlägt Andi vor, das Hospiz einfach zu verlassen, und gemeinsam den geilsten Tag ihres Lebens zu erleben, um sich anschließend gegenseitig umzubringen. Doch wie sollen sie einen solchen Festtag finanzieren? Beide sind völlig abgebrannt - was letztlich aber völlig unwichtig ist: Denn wer soll sie daran hindern, sich das Geld zu ergaunern? Haftstrafen haben die beiden nicht mehr zu fürchten. Ganz oben auf ihrer Einkaufsliste steht ein nagelneuer Lamborghini...
Aber wohin damit? Das Ende des Lebens sollte man am Ende der Welt verbringen - in Südafrika! Was Benno Andi verschweigt: Vor Jahren hat er seine Freundin Mona im Stich gelassen, als sie mit der gemeinsamen Tochter Leni schwanger war. Von ihrer Mutter hat er kürzlich erfahren, dass Mona mit Leni in Südafrika lebt und dort einen Arzt heiraten wird. Die Hochzeit soll in Kürze in Kapstadt stattfinden. Wird Benno sich mit Mona und Leni aussöhnen können?
»Afrika sah im ZDF auch anders aus.« - Andi
Und so kommt es zu einem wahnsinnigen, waghalsigen Abenteuer. Sie haben Spaß und Ärger - hauptsächlich wegen der Sauerstoffflaschen für Andi... »Die Entscheidung für Südafrika war schon insofern sehr spannend, weil Matthias Schweighöfer unter Flugangst leidet. Es bedurfte daher eines „größeren Aufwands“, ihn davon zu überzeugen, trotzdem in ein Flugzeug zu steigen«, sagt Produzent Dan Maag. Deshalb musste er vor der Reise an einer Schulung gegen Flugangst teilnehmen. »Und tatsächlich hat die Produktion dann auch sehr gut geklappt – wir sind alle heil zurückgekommen!«, sagt der Produzent augenzwinkernd.
»Matthias erlebt unseren Film auch für sich persönlich als eine Reise, in dieser Hinsicht ist er mit der Hauptfigur Andi vergleichbar«, erzählt Florian David Fitz. »Denn es war am Anfang gar nicht klar, ob Matthias in ein Flugzeug steigen könnte, um nach Afrika zu fliegen. Dass er das schaffte, war für ihn dann eine echte Befreiung. Als er gegen Ende der Dreharbeiten den Rohschnitt des Films anschaute, war er wie verwandelt, weil er die Atmosphäre des Films erstmals wirklich hautnah gespürt hat.«
Jedenfalls hat sich der Aufwand gelohnt, weil die Zuschauer auf diese Weise spektakuläre Bilder aus Südafrika zu sehen bekommen, wie man sie in einem deutschen Film sehr selten erlebt. Doch trotz der gut ausgeprägten filmischen Infrastruktur Südafrikas gab es einige Probleme, wie der Regisseur berichtet:
»Das Erste, was wir dort gelernt haben, war der Spruch: „This is Africa, Baby!“ Mehr kann man dann auch einfach nicht sagen, wenn wir nach genauer Absprache auf einem menschenreichen Markt filmen wollten, auf dem um diese Uhrzeit aber die Menschenmassen ausblieben, oder wenn die Mitarbeiter in der Savanne nicht zum verabredeten Drehort fuhren, sondern in die entgegengesetzte Richtung. This is Africa, Baby!«
Nicht nur Benno und Andi legen im Film eine weite Reise durch Afrikas Süden zurück – auch der Stab absolvierte vor Ort einen Trip von 6000 Kilometern. »Der Dreh in Kapstadt war sehr anstrengend, weil dort sehr viel passierte«, erinnert sich Florian David Fitz.
»Doch als wir mit dem Team dann durchs Land fuhren, empfand ich das im Vergleich wie Urlaub. Ich war viel entspannter und habe die Reise wirklich genossen, denn abgesehen von drei, vier komplizierten Szenen war der Rest verhältnismäßig einfach. Afrika gab die Atmosphäre allein schon durch die Schauplätze vor: Wir reisen im Film durch alle Klimazonen, angefangen mit dem Dschungel, dann durch die Savanne und die Wüste, und kommen schließlich ins herbstliche Kapstadt zurück, wo es angenehm kühl ist. Wir haben auf dieser kurzen Reise quasi ein ganzes Jahr durchlebt.«
»Südafrika zählt zu den beeindruckendsten Ländern, in denen ich jemals gearbeitet habe«, schwärmt Matthias Schweighöfer. »Die so andere Kultur, die so ganz anderen Menschen habe ich als wirklich wunderbar erlebt. Dieser Dreh war eine der schönsten Erfahrungen meines Lebens. In der Drakensberg-Region entdeckte ich beim Joggen plötzlich eine Tierherde und fragte mich: Sind das Rehe? Oder Wildschweine? Nein: Es waren Paviane, hundert jeweils 80 Kilogramm schwere Paviane, die vor mir vorbeizogen und eine Art Bandenkrieg unter sich ausfochten. Ich war völlig verblüfft. Wer rechnet denn damit!?«
»Wir sterben mit einem Lächeln im Gesicht.« - Benno
»Der Tod ist ein Thema!«, betont Florian David Fitz. »Ich finde es schade, dass man häufig wie auf rohen Eiern um ihn herumschleicht und nur im Flüsterton von ihm spricht. Dadurch entsteht ein Ausnahmezustand, der ja gar nicht gegeben ist, weil der Tod, wie das Geborenwerden, Essen und Schlafen, eine der natürlichsten Sachen von der Welt ist. Deshalb nahm ich mir vor, mich dem Thema angstfrei und mit Humor zu nähern. Und diese Angstfreiheit wird gerade in Benno deutlich sichtbar.«
Die Crux der Geschichte ist: Es gibt keinen geilsten Tag. Der geilste Tag an sich ist eine Finte. Aber die Zeit läuft ab und Andi hat Angst, ihn nicht mehr erleben zu können. Doch wie Benno im Film betont: Es ist doch vollkommen sinnlos! Wenn du sowieso weißt, dass du stirbst, was soll das, Angst vorm Tod zu haben? Du weißt doch, dass der Tod vor der Tür steht, was willst du dich jetzt noch darüber aufregen? Willst du die letzten Tage damit verbringen, dass du dich jetzt einscheißt?
Und so bringen sich beide auf diesem Trip gegenseitig Sachen bei. Während Benno Andi beibringt, wie man „lebt“, macht Andi Benno klar, dass man sich seinen Gefühlen und Ängsten stellen muss. Es gibt Yin nicht ohne Yang. Und zusammen ergänzen sie sich auf diesem Road Trip und lernen, mit ihren Ängsten und Gefühlen umzugehen. Und das ist es dann auch, was am Filmende zu einem Zwiespalt in den Figuren führt.
🏥 ✈️ 🚐 📋 🗑️ 🏜️
Zu Beginn des Films sehen wir die beiden, wie sie sich gegenüber sitzen und sich mit einem Revolver umbringen wollen. Dann wird die Zeit zurückgedreht, um uns zu zeigen, wie es dazu gekommen ist - ein Stilmittel, das heut zu Tage oft in Film und Fernsehen angewendet wird. Bis dahin weiß man praktisch, was geschehen wird. Doch was danach passiert, ist das Leben, Karma, Schicksal. Florian David Fitz legt uns letztlich ein paar falsche Fährten, die uns am Ende dann doch noch die Taschentücher herauskramen lassen, wenn Mozarts halbe Pause ertönt... ■ mz
1. März 2016
Komödie/Drama
D 2016
113 min


mit
Matthias Schweighöfer (Andi)
Florian David Fitz (Benno)
Alexandra Maria Lara (Mona Winkelmann)
Rainer Bock (Dr. Wüst)
Andreja Schneider (Hospiz-Schwester)
u.a.

drehbuch
Florian David Fitz

musik
Egon Riedel, Siggi Mueller

kamera
Bernhard Jasper

regie
Florian David Fitz

produktion
Erfttal Film & Fernsehproduktion
Pantaleon Films
Warner Brothers Film Productions Germany
WS Filmproduktion

verleih
Warner Brothers


vorspann
-

abspann
-

erwähnung
-