Kinostarts Dezember 2015
Kultregisseur Eli Roth, enger Verbündeter von Quentin Tarantino, inszenierte dieses Remake des Streifens Tödliche Spiele, in dem zwei Mädels bei einem wohlhabenden Familienvater Zuflucht suchen, ihn verführen und hinterher foltern und das Haus vandalisieren. »Was wäre, wenn die Probleme in dein eigenes Haus kommen würden?«, fragte sich Roth, nachdem er mit The green Inferno das Thema „in der Fremde isoliertes Horrorszenario“ ausgereizt hatte.
»Was wäre, wenn die Verlockung vor deiner Tür stehen würde und du ihr Einlass zu dem sichersten Ort, den du kennst, gewähren würdest - einem Ort, an dem du meinst, du hättest die volle Kontrolle, und damit die Büchse der Pandora öffnen würdest? Was würde geschehen, wenn dein Privatleben von einer fremden Macht übernommen würde und alles, was du dir aufgebaut hast, langsam um dich herum zusammenbrechen würde?«, fragt er weiter.
»Die Antwort darauf habe ich in dem Film Death Game gefunden, einer in Vergessenheit geratenen Perle aus dem Jahr 1977, in dem Colleen Camp (meine gute Freundin und Produzentin) eine Hauptrolle spielt. Colleen erzählte mir von diesem Film. Sie war 21, als sie im Film mitwirkte, aber er wurde aufgrund eines Rechtsstreits nie im Kino gezeigt. Death Game ist ein vergessener echter Klassiker der 70er Jahre und ich hatte das Gefühl, dass die Grundidee heute aktueller denn je ist. Zwei Mädchen tauchen mitten in der Nacht vor dem Haus eines verheirateten Mannes auf. Er lässt sie hinein und dann weigern sie sich, wieder zu gehen.«
Es ist der Albtraum eines jeden glücklichen Familienvaters, von jungen sexy Mädchen verführt zu werden, bis er nachgibt, und ihn hinterher fertig machen, weil er soeben Sex mit Minderjährigen hatte. »Ich wollte etwas schaffen, das kraftvoll und provokant ist und gleichzeitig Spaß macht. Ich wollte die Mädchen nicht als die Bösen dastehen lassen, ich will, dass das Publikum mit ihnen sympathisiert, denn auch sie sind die Opfer in einem Spiel, das jemand mit ihnen spielt. Und was sie Evan antun, sehen sie als Therapie. Ich wollte Fatal Attraction im Zeitalter der sozialen Netzwerke ansiedeln - einer Zeit, in der alles, was man in der Privatsphäre der eigenen vier Wände macht, plötzlich für die ganze Welt sichtbar werden kann.«
Nur irgendwie geht die Chose nach hinten los. Letztendlich sind die beiden Mädchen psychopathische Ausreißerinnen, die ihr krankes Spiel mit glücklich verheirateten Familienvätern spielen. Sicher, Evan hätte standhaft bleiben können, aber wenn sich zwei sexy Mädchen (die letzlich auch nicht minderjährig waren), die einem Pornofilm entsprungen sein könnten, alle Register ziehen, um zu seinem Schuss zu kommen, schafft es auch ein geerdeter Keanu Reeves nicht, diesem Druck zu widerstehen.
In ein-zwei Szenen mag man vielleicht ein wenig mit den Mädels sympathisieren, die womöglich einen Komplex verarbeiten, der ihnen von älteren Männern verurscht wurde, sei es durch väterliche Vergewaltigung oder sonst was. Doch je mehr sich die Sache aufklärt, verschiebt sich das Bild wieder zu Evan, der in Todesangst zusehen muss, wie sein Leben zerstört wird, denn die jungen Biester kennen sich mit den sozialen Medien aus, filmen ihr „Liebesspiel“ und posten es via Evans Online-Profil.
Knock Knock ist ein perverses Psychospiel, das die gängigen Rollen vertauscht. Hier ist das Vergewaltigungsopfer ein angesehener und glücklicher Familienvater, der keine dunklen Gedanken hegt, und die Täter zwei junge Frauen, die genauso gestört sind wie ihre männlichen Äquivalente in anderen ähnlichen Filmen. Keanu Reeves spielt das Opfer grandios, denn bei einem John Wick hätten die zwei Biester nicht viel zu lachen gehabt.
Ein großer Kritikpunkt des Films ist jedoch, dass weder aufgeklärt wird, woher die Mädchen kommen und wie sie Evan überwacht haben. Da fehlt eigentlich noch ein kleiner Twist, der den Film noch böser gemacht hätte. So verpufft das Ganze zu einem kranken Intermezzo, das Evan, wie auch den Zuschauer, ratlos in die Welt zurück entlässt. Übrigens hat Colleen Camp, eines der Mädchen aus dem Original von 1977, nicht nur den Film mitproduziert, sondern auch einen kleinen Gastauftritt als Evans Physiotherapeutin. (Ist übrigens auch ein Punkt, der nicht aufgeklärt wird - warum Evan eine Schulterverletzung hat.) Nichtsdestotrotz ist der Film spannend inszeniert und weiß, die Herrschaften im Zaumzeug zu halten. ■ mz