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Bridge of Spies
Der Unterhändler
Das Leben von US-Anwalt James Donovan ändert sich schlagartig, als er einen ungewöhlichen Fall übernimmt. Er, der sich bescheiden als Spezialist für Versicherungen bezeichnet, soll nicht nur den der Spionage für den KGB angeklagten Rudolf Abel verteidigen, sondern auch die Freilassung eines in Sowjetgefangenschaft befindlichen US-Army-Piloten erwirken - eine enorme Herausforderung, auch weil er im eigenen Land als Verräter betrachtet wird.
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Regisseur Steven Spielberg hat sich in seiner Karriere oft mit bahnbrechenden historischen Ereignissen beschäftigt. Er ist ein Geschichtsenthusiast, und seine Kenntnisse vom Kalten Krieg reichen in seine Kindheit zurück, als sein Vater ihm Geschichten über die Feindschaft und das Misstrauen zwischen den USA und der Sowjetunion erzählte - Geschichten, an die er sich noch heute erinnert.

»Mein Vater war während des Kalten Krieges wegen Devisengeschäften in Russland, gerade als Francis Gary Powers von den Russen abgeschossen worden war«, erinnert sich Spielberg. »Mein Vater und drei seiner Kollegen von General Electric standen sogar an, um Powers Fliegeranzug, seinen Helm und die Überreste der U-2 zu sehen, die ausgestellt waren, um jedem in Russland zu zeigen, was Amerika gemacht hatte.«

Er war noch eine Stunde von der Spitze der Schlange entfernt, als ein paar russische Militärbeamte zu ihm kamen, nach ihren Pässen fragten, sahen, dass sie Amerikaner waren, und sie zur Spitze der Schlange führten - nicht, um ihnen die Wartezeit zu verkürzen, denn als sie vorn in der Schlange ankamen, zeigte dieser Russe auf die U-2 und dann auf meinen Vater und seine Kollegen und sagte, „Schaut, was ihr Land uns antut“, was er mehrmals wütend wiederholte, bevor er ihnen den Pass zurückgab.«

Es waren die heißen Jahre des Kalten Krieges, in dem es um Informationen ging, nicht um Schlachten, und Worte waren die ultimativen Waffen. Es war die Zeit, als antikommunistische Propaganda, „Duck-and-Cover“-Erziehungsvideos und die Sensationsreportagen der Medien über Ereignisse wie den Rosenberg-Prozess Furcht und Hass im ganzen Land erzeugten - Hass, der aus der Angst vor dem Unbekannten herrührte. Niemand war sicher, und es war besonders gefährlich, in den Schlagzeilen zu sein, weil man einen russischen Spion verteidigte...

Steven Spielberg erzählt uns nun die Geschichte von einem Gefangenenaustausch, der damals stattgefunden hatte, weil ein pflichtbewusster New Yorker Anwalt einfach seine Arbeit so gut machte, dass die CIA ihn darum bat, als Mittelsmann Verhandlungen mit der russischen Botschaft im damaligen Ost-Berlin zu fungieren. Kein Geringerer als Tom Hanks spielt diesen Anwalt, immer sehr familiär und friedlich, der vor Ort erkennt, was wirklich am anderen Ende der Welt vor sich ging.

»Jedem steht Verteidigung zu. Jede Person zählt.« - James B. Donovan

In den 50er Jahren, während der ersten Phase des Kalten Krieges, kommt es zu häufigen Spannungen zwischen den USA und der UdSSR. Als dann das FBI Rudolf Abel, einen in New York lebenden Sowjet-Agenten, verhaftet, eskaliert die Angst und die Paranoia. Abel wird beschuldigt, verschlüsselte Botschaften an die Russen geschickt zu haben, und wird deshalb vom FBI verhört. Er weigert sich jedoch, zu kooperieren, lehnt das Angebot, sich gegen sein Land zu wenden, ab und wartet im Staatsgefängnis auf seinen Prozess.

Die Regierung, die für Abels Verteidigung einen unabhängigen Rechtsanwalt benötigt, kontaktiert James Donovan, einen Versicherungsjuristen aus Brooklyn. Doch Donovan, ein ehemaliger Ankläger bei den Nürnberger Prozessen und in juristischen Kreisen wegen seiner Fähigkeiten als Verhandlungsführer hoch geschätzt, hat kaum Erfahrung mit Anschuldigungen dieser Größenordnung und ist nicht sehr erpicht darauf, mit diesem Fall in Verbindung gebracht zu werden. Für eine derart unpopuläre Verteidigung einzutreten, würde ihn zu einer öffentlichen Figur machen und könnte das Ansehen seiner Familie beschädigen, sie sogar in Gefahr bringen.

Letztlich erklärt sich Donovan aber bereit, Abel zu vertreten, da er sich den Prinzipien der Gerechtigkeit und dem Schutz menschlicher Grundrechte verpflichtet fühlt, und weil er sichergehen will, dass Abel einen fairen Prozess bekommt - unabhängig von seiner Staatsbürgerschaft. Während er seine Verteidigungsstrategie vorbereitet, entwickelt sich zwischen den beiden Männern ein Band gegenseitigen Respekts und Verständnisses. Donovan bewundert Abels Stärke und Loyalität und hält eine leidenschaftliche Verteidigungsrede, um ihn vor der Todesstrafe zu retten. Er argumentiert, dass seine Taten die eines guten Soldaten seien, der den Befehlen zum Wohle seines Landes gehorcht.

Etwas später wird ein amerikanisches U-2-Spionageflugzeug während eines Erkundungsfluges im sowjetischen Luftraum abgeschossen, und der Pilot, Francis Gary Powers, wird zu zehn Jahren Gefängnis in Russland verurteilt. Die CIA, die kategorisch jede Kenntnis der Mission abstreitet, befürchtet, dass Powers dazu gezwungen werden könnte, geheime Informationen preiszugeben. CIA-Agent Hoffman, der die beeindruckenden Fähigkeiten Donovans im Gerichtssaal erlebt hat, rekrutiert ihn für eine nationale Sicherheitsmission von höchster Bedeutung, und schon bald ist Donovan auf dem Weg nach Berlin, um die Verhandlungen über einen Gefangenenaustausch zwischen den USA und der Sowjetunion zu führen.

Dabei wird er von seiner Liebe zu seinem Land, seinen unerschütterlichen Überzeugungen und seinem enormen Mut angetrieben. Als er dort ankommt, erfährt er, dass ein amerikanischer Student namens Frederic Pryor in Ost-Berlin bei dem Versuch, in seine Wohnung im Westen zurückzukehren, verhaftet wurde. Trotz der Anweisung der CIA, sich ausschließlich auf den Piloten zu konzentrieren, beschließt Donovan, sowohl über die Freilassung des Piloten wie auch die des Studenten zu verhandeln, da er sich weigert, jemanden im Stich zu lassen...

Nachdem Matt Charman mit seinem Drehbuch fertig wurde und es DreamWorks vorlegte, war man dort begeistert von der Geschichte. Doch sie brauchte noch einen gewissen Schliff. Daher engagierte man die Brüder Joel und Ethan Coen, die mit ihrem ganz speziellen Gespür für alltägliche Charaktere Hits wie Fargo, The Big Lebowski oder Burn after Reading schufen.

»Joel und Ethan führen uns sehr weit in die Figuren«, sagt Spielberg. »Sie haben sowohl Ironie als auch ein bisschen absurden Humor einfließen lassen. Dabei ist es keine Absurdität, die sich Filme manchmal einfach „herausnehmen“, es ist vielmehr die Absurdität, die das Leben mit sich bringt. Sie sind genaue Beobachter des wirklichen Lebens, wie wir alle von ihren beeindruckenden, großartigen Filmen wissen. Und das haben sie in diese Geschichte eingebracht.«

»Es gibt niemanden, der besser für diese Rolle geeignet wäre als Tom Hanks«, sagt Produzentin Kristie Macosko Krieger. »James Donovan ist ein einfacher Kerl. Er ist wie der Vater meines besten Freundes. Er war ein Kerl, der seine Arbeit gemacht hat und dann in diese unglaubliche internationale Sache verwickelt wird. So etwas passiert nicht einfach so, aber die Leute sehen in Tom Hanks den Jedermann. Und deshalb ist er so brillant als James Donovan

Tom Hanks, der sich selbst sehr für Geschichte interessiert und höchstpersönlich in seinem Lieblingsort ►Eisenhüttenstadt in einem Trabi fuhr, war hellauf begeistert, siese Rolle zu spielen: »Ich liebe es, Geschichtsbücher zu lesen und etwas Neues herauszufinden – besonders über ein Thema, in dem ich glaube, gut bewandert zu sein. Und wenn das passiert, Mann, das ist wie ein Lotteriegewinn!«

Und so staunt der Zuschauer wie Donovan/Hanks im Film, wie das damals so beim Mauerbau ablief, was und, vor allem, welche Ideologie dahinter steckte. Da sehen wir, wie Donovan als naiver Amerikaner an der Menschenschlange bei der Grenzkontrolle vorbei hetzt, in der S-Bahn am „Todesstreifen“ sieht, wie verzweifelte Menschen über die Mauer bzw. Zäune klettern und dabei erschossen werden, und von Jugendlichen seinem Mantel erleichtert wurde.

Für einen Außenstehenden mag das recht grauenvoll anmuten. Aber so war das damals auch - wenn auch nicht ganz so komprimiert wie im Drehbuch der Coen-Brüder dargestellt. Die geschichtliche Kompetenz des Films ist recht hoch. Man versuchte, soweit es ging, vor Ort zu drehen. Die Sperrung der Glienicker Brücke, wo das spannende Finale stattfindet, ging durch alle Medien. Doch da Berlin mittlerweile für solche geschichtlichen Dokumente zu modern geworden ist, musste ins Nachbarland Polen ausgewichen werden, speziell nach Breslau, wo noch genügend ähnliche Altbauten zur Verfügung stehen, wo sogar noch Einschusslöcher zu sehen sind.

Teile des Grenzübergangs in der Friedrichstraße wurden von Produktionsdesigner Adam Stockhausen und seinem Team in Breslau nachgebaut, einschließlich des berühmten Schildes „Sie verlassen jetzt den amerikanischen Sektor“ in drei Sprachen. An diesem Drehort wurde die spannende Szene gedreht, in der Frederic Pryor von Vogel und anderen zum Checkpoint eskortiert wird.

Auch wenn die Geschichte auf wahren Begebenheiten beruht, wurden einige Namen geändert, wie z.B. der der Figur des Rudolf Abel. Abel, dessen wirklicher Name Vilyam Fisher war, verstarb 1971 und wurde während seines Lebens kaum fotografiert oder interviewt. Schauspieler Mark Rylance: »Wir wissen kaum etwas über ihn, außer, dass er an verschiedenen Stellen in New York Botschaften erhielt und weitergab und dazu eine hohle Münze benutzte. Er war das, was man einen Schläfer nannte. Abel war seit mehreren Jahren in den USA, bevor er mit seinen heimlichen Aktivitäten begann. Und er war nicht der Chef des Spionagerings, er hat bloß Aufträge ausgeführt. Doch als er erwischt wurde, hat ihn die amerikanische Regierung etwas wichtiger dargestellt, als er war.«

In Brooklyn, wo er sich eine einfache Existenz als Maler aufgebaut hat, wird Abel gefangen genommen, er versucht gar nicht erst, seine Vergangenheit zu verbergen. Er bleibt verschlossen und gibt weder Informationen über seine Aktivitäten in den USA noch seine Verbindungen zu irgendwem in Moskau preis, was das FBI ziemlich frustriert. Tom Hanks sagt:

»Abel war nur ein Typ, der seinen Job gemacht hat. Er ist ein Spion, und wir haben da drüben Jungs, die dasselbe für unser Land tun. Ich glaube, Abel war überrascht, dieses Argument von einem Mann zu hören, der sein Anwalt war. Das war keine juristische List von ihm, sondern das, woran er glaubte. Es war eine unwiderlegbare Tatsache, und das zeigte sich während ihrer ganzen Beziehung.«

Tatsächlich war Fisher, der echte Abel, ein sehr begabter Künstler, und Steven Spielberg beschloss, in der Eröffnungsszene des Films den Fokus darauf zu richten: »Wie wir uns selbst sehen, und wie andere uns sehen, was wir verbergen, sodass andere etwas Verborgenes entdecken können - all das war Teil der Idee, die ich hatte, um den Film auf dem Gesicht von Mark Rylance als Rudolf Abel zu beginnen. Dann fährt die Kamera zurück und man entdeckt, dass er gerade sein Gesicht studiert, da er an einem Selbstporträt sitzt.«

Der Film erzählt linear von den Ereignissen, Schritt für Schritt, manchmal ein wenig zu klinisch. Wären da nicht die Feinheiten der Coen-Brüder, wäre der Film recht schnell eintönig und langwierig geworden. Doch so ist er trotz seiner Dramatik recht unterhaltsam, manchmal aber auch ein wenig zu weichgespült - vermutlich, um die krassen Szenarien in der DDR damals zu verdeutlichen. Und am Ende, wenn Donovan mit der New Yorker U-Bahn fährt und im Vorbeifahren Kinder sieht, wie sie über Mauern und Zäune klettern und nichts passiert, dann weiß er, und damit auch der Zuschauer, dass er alles richtig gemacht hat.

Thomas Newman, ein Mitglied des legendären Newman-Filmmusik-Clans, stieß zu dem Team, um eine Musik zu erschaffen, die James Donovans starke Geschichte vervollständigen würde, ohne sie zu erdrücken: »Große Filmmusiken tun Zweierlei: sie spielen unterschwellig und du nimmst sie nicht einmal wahr, oder sie spielen und du kannst dir die Szenen nicht ohne sie vorstellen.«

Wenn Newmans Filmmusik einsetzt, ist sie zurückhaltend und brillant in ihrer Einfachheit. Wenn sich Donovan mehr auf die CIA einlässt, steigert sich die Musik vom einfachen Klavier zum vollen Orchester - ein subtiler Unterschied, aber einer, von dem Spielberg glaubt, er füge der Freundschaft zwischen Abel und Donovan einiges an emotionalem Gewicht zu.

Die Filmmusik wurde von einem Orchester aus 85 Musikern eingespielt und wurde gelegentlich von einem männlichen Chor vervollständigt. Aber Newman achtete darauf, dass die Musik nicht polarisierte. Er erklärt: »Ich wollte nicht, dass die Musik signalisiert, „Okay, hier ist Russland und hier ist Amerika, und Russland wird von tiefen Männerstimmen repräsentiert“, aber ich wollte mit musikalischen Mitteln diese überwältigende Geschichte vorantreiben.«

Ich finde, das ist ihm auch recht gut gelungen, auch wenn im Nachhinein nichts von der Filmmusik im Ohr hängenbleibt. Es ist ein Film, in dem Schauspieler und Szenenbild die Hauptrollen spielen. Ganz interessant ist auch, das sich Sebastian Koch, der den hinterlistigen Anwalt Wolfgang Vogel spielt, mittlerweile ganz ordentlich in der amerikanischen Filmszene etabliert hat. Demnächst ist er auch neben Eddie Redmayne als Arzt in dem Drama The Danish Girl zu sehen.

Bridge of Spies jedenfalls ist ein großer Hollywood-Film, der die historischen, wenn auch halbwegs unbekannten Ereignisse, einer Ära gekonnt aufzeigt, ohne zu polarisieren, was Tom Hanks als James B. Donovan im Film auch klarstellt. Und ganz nebenbei kritisiert der Film auch noch das US-amerikanische Justizsystem, das doch recht auffällig von den Hetzkampagnen der Medien beeinflusst wurde (und wird). ■ mz

Drama
USA/D 2015
142 min


mit
Tom Hanks (James B. Donovan) Joachim Tennstedt
Mark Rylance (Rudolf Abel) Frank Röth
Amy Ryan (Mary Donovan) Sabine Arnhold
Alan Alda (Thomas Watters jr.) Bodo Wolf
Peter McRobbie (Allen Dulles) Kaspar Eichel
Stephen Kunken (William Tompkins) Peter Flechtner
Burghart Klaußner (Harald Ott) Burghart Klaußner
Sebastian Koch (Wolfgang Vogel) Sebastian Koch
Dakin Matthews (Richter Mortimer Byers) Frank-Otto Schenk
John Rue (Lynn Goodnough)
Billy Magnussen (Doug Forrester)
Jillian Lebling (Peggy Donovan)
Austin Stowell (Francis Gary Powers)
Jesse Plemons (Joe Murphy)
Michael Gaston (Agent Williams)
Michail Gorewoj (Iwan Schischkin)
Max Mauff (Otts Sekretär)
u.a.

drehbuch
Matt Charman
Ethan Coen
Joel Coen

musik
Thomas Newman

kamera
Janusz Kaminski

regie
Steven Spielberg

produktion
Dream Works Pictures
Fox 2000 Pictures
Studio Babelsberg AG
Amblin Entertainment
Marc Platt Productions
Participant Media
Reliance Entertainment
TSG Entertainment

verleih
20th Century Fox

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