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02 | 09 | 16 | 23 | 30
Es ist kompliziert...!
Man up
Nancy ist Mitte 30 und Single. Statt sich auf der Verlobungsparty der Freundin im schicken Hotel zu amüsieren, leert sie lieber die Minibar in ihrem Zimmer. Am nächsten Tag steigt sie frustriert in den Zug und trifft unter der Bahnhofsuhr in der Londoner Waterloo Station den gut aufgelegten Jack, der sie mit seinem Blind Date verwechselt. So wird aus Nancy Jessica und nach einigen Drinks steigt die Laune und die gegenseitige Sympathie. Jedoch macht ein alter Schulfreund von ihr erst einmal einen Strich durch die sich anbahnende Beziehung...
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War es eine Zufallsbegegnung oder Schicksal, das die glücklose Autorin Tess Morris, die bereits fürs britische Fernsehen gearbeitet hat, auf die rettende Idee gebracht hat? »Ich stand unter einer Uhr im Bahnhof Waterloo, als ein Typ auf mich zu kam und fragte: „Sind Sie Claire?“«, erzählt sie. »Er hielt mich offenbar für sein Blind Date. Ich verneinte. Als er ging, fragte ich mich: Was wäre, wenn ich „Ja“ gesagt hätte? Das war die Idee!«

Aus dieser Eingebung entwickelte Morris ihr Drehbuch und schickte es an Big Talk Pictures. Als das Skript dann auf dem Tisch von Produzentin Nira Park landete, war diese sofort von Heldin Nancy begeistert - einer Frau mit vielen Facetten.

»Sie ist eine brillante Frauenfigur und noch dazu authentisch«, lobt Park. »Das Drehbuch war nicht abgehoben, sondern lebensnah, und schon deshalb wirklich witzig. Also trafen wir uns mit Tess. Wir mochten sie auf Anhieb und gaben einen zweiten Entwurf bei ihr in Auftrag.«

Als erster kam Simon Pegg an Bord, der sofort von dem Drehbuch begeistert war, das er kurz nach dem Ende der Dreharbeiten zu The World's End zur Sichtung bekam: »Das Drehbuch war sehr lustig und bot viel Stoff. Auf den ersten Blick wirkt Jack als Figur eher konventionell. Aber er ist komplexer als man meint. Er möchte bei seinem Date einen guten Eindruck machen, kann aber seine Verbitterung und die Ressentiments gegen seine Ex-Frau nicht verbergen. Es macht Spaß, eine Figur zu spielen, die ständig versucht, sich zusammenzureißen. Was Jack wirklich fühlt, drückt sich in seinen Blicken uns Seufzern aus.«

Schon bald standen der Regisseur und die Nebendarsteller fest, lediglich bei der Hauptdarstellerin hatte man Probleme, die Richtige zu finden - wie im wahren Liebesleben halt. »Bei Nancy steckten wir fest«, erzählt Simon Pegg. »Es kursierten zwar einige Namen, aber keine der Komödieantinnen passte. Oder wir hätten eine Amerikanerin aus Nancy machen müssen. Das hätte aber einiges an nerviger, mühseliger und allzu offensichtlicher Frickelei gefordert, das so hinzubiegen! Doch dann kam Lake Bell ins Spiel, und sie war genau die Richtige. Lake ist ein Sprachgenie, sie bekommt jeden Akzent hin. Bei ihr stimmte einfach alles!«

Die New Yorkerin, die schon in diversen romantischen Komödien gespielt hat, und die man aus dem Fernsehen aus Serien wie Surface oder Boston legal kennt, hatte ihr Ausnahmetalent erst kürzlich als Autorin, Regisseurin und Hauptdarstellerin in der Komödie In a World... - Die Macht der Stimme unter Beweis gestellt, in der sie eine Frau spielt, die unbedingt Synchronsprecherin werden will.

Als Amerikanerin einen britischen Gig zu landen, ist jedoch oft ein schwieriges Unterfangen. Ihr Agent machte ihr jedoch Mut, und für Lake Bell war die Rolle ein Traum: »Das Ganze war einfach zu gut: Ich bin ein Riesenfan von Simon Pegg, und in London zu drehen, war ein absoluter Traum für mich. Ich konnte also auf gar keinen Fall aufgeben.«

Produzentin Nira Park nutzte Simon Peggs Auftritt in einer US-Talkshow, um ihn gemeinsam mit Autorin Tess Morris nach Los Angeles zu begleiten und Lake Bell persönlich zu treffen. Es war Liebe auf den ersten Blick: »Wir saßen alle zusammen in einem Hotelzimmer und ließen Lake vorsprechen. Wir plauderten bestimmt eine Stunde und es war, als würden sich Simon und Lake schon ewig kennen. Nach zwei Stunden war uns klar: Das ist unsere Nancy!«

Tatsächlich hatte Lake Bell ihr Schauspielstudium am Rose Bruford College in London absolviert und orientierte sich bei ihrem Londoner Akzent an Freunden aus dieser Zeit: »Ich wollte einen Estuary-Akzent, nicht das Englisch der Queen und auch keinen Südost-London-Akzent, sondern irgendwas dazwischen. Deine Sprache ist wie eine Landkarte: In ihr spiegelt sich jeder Ort, an dem du gelebt hast. Das Schwierigste bei jedem Akzent ist, dass er authtentisch klingt.«

Gut, als Laie kann ich da nicht die verschiedenen Akzente unterscheiden - das überlasse ich den Einheimischen. Dennoch kommt Lake Bell mit ihrem ganz besonderen Akzent recht glaubwürdig herüber, auch wenn dieser in der deutschen Synchronisation verloren geht. »Eigentlich habe ich Lake nie wirklich kennengelernt«, gesteht Simon Pegg lachend. Erst am letzten Drehtag, auf der Party nach Drehschluss, „outete“ sich Lake Bell als Amerikanerin. Und die Crew war baff.

»Ich hielt eine kleine Ansprache und wechselte mittendrin von meinem britischen Akzent ins amerikanische«, erzählt Lake Bell kichernd. »Die Meisten hatten keine Ahnung, dass ich Amerikanerin bin. Einige waren völlig perplex.« Auch Simon Pegg muste lachen, wenn er daran denkt: »Es war nett gemeint, aber die Meisten wussten ja nicht, dass Lake Amerikanerin ist und reagierten fast feindselig: „Wer zum Teufel bist du?“« Als Verwandlungskünstlerin nahm sie jedoch die Reaktionen als Kompliment auf.

Ohne Romantik keine romantische Komödie: Dass die Chemie zwischen den Hauptdarstellern stimmt, ist da natürlich Grundvoraussetzung. Und bei Simon Pegg und Lake Bell war sie von Anfang an da - vom ersten Treffen in Los Angeles, bei den Proben via Skype wie auch bei den eigentlichen Dreharbeiten. Und davon kann man sich nun selbst überzeugen. Lake Bell wirkte selten so sexy wie beim Bowling und gleichzeitig unsexy praktisch, wenn sie ihr langes Haar als Zahnseide benutzt. Und Simon Pegg wirkte selten so verliebt und entgetäuscht wie in diesem Film.

Und genauso romantisch und gleichzeitig rau wirkt London, wo im Januar 2014 die Dreharbeiten begannen. Es war kalt, da halfen natürlich die Dreharbeiten im warmen Pub oder auch im Bowlingcenter. Regisseur Ben Palmer wie auch Produzentin Nira Park legten großen Wert auf Originalschauplätze. »Ich wollte quasi den Horizont erweitern und viel von der Stadt zeigen«, so Palmer, »allerdings nicht die typischen Postkartenansichten, keine Hochglanzkulissen und keine glitzernde, perfekt angeleuchtete Märchenmetropole, sondern das echte London.«

Anders als in gewissen Hollywood-Straßenfegern war es dem Regisseur wichtig, dass die Schauplätze tatsächlich existierten, sodass der Zuschauer dieselbe Tour unternehmen könnte wie Nancy und Jack bei ihrem Chaos-Date im Film: vom Treffpunkt an der South Bank über Drinks in einem mexikanischen Restaurant in Soho bis zum Bowling in Bloomsbury.

»Wenn Sie in London ausgehen wollen, dann würden Sie in Soho starten«, sagt Palmer. »Ich lebe selbst in London und würde es genauso machen. Das Date sollte so authentisch wie möglich wirken. Wir wollten die Leute, das Gewühl - das wahre Leben eben.« Die letzten Szenen, wenn Jack kurz vor Knapp endlich seinen Mut zusammennimmt, spielen in einem grünen Londoner Vorort, wie man ihn selten auf der Leinwand zu sehen bekommt. Auch hier verzichtete die Produktion weitestgehend auf Sets, sondern drehte in den Straßen von Ealing.

Abgesehen vom Prolog, in dem Nancy auf einer Party außerhalb von London ein katastrophales Rendezvous erlebt, spielt der Film in einer einzigen Nacht. »Man up ist eine humorige Variante von Martin Scorseses After Hours«, findet Lake Bell. In dem Kultklassiker gerät Griffin Dunne im Verlauf einer langen Nacht von einer Bedrouille in die nächste.

»Ich liebe Filme, die in einer einzigen Nacht spielen«, sagt auch Tess Morris. »Ich mag diese Dynamik: Ständig passiert etwas Neues, am besten an ein und demselben Ort - daher auch meine Vorliebe für die Filme der Achtziger: After Hours, Sixteen Candles, Ferris Bueller's Day off...«

Tess Morris' Vorliebe für romantische Komödien gibt den durchweg sympathischen, gewinnenden Ton vor. Der Film ist eine geradlinige romantische Komödie - ganz im Sinne von Tatsächlich... Liebe!, Notting Hill oder Harry und Sally. Die Schauspieler sind grandios, die Geschichte frisch, frech, fröhlich und frei von der Leber geschrieben. Es ist »keine Anti-Rom-Com, aber auch kein Märchen«, wie Simon Pegg den Film beschreibt. »Der Film kommt ohne Zynismus aus, ist aber dennoch frech.«

Wer also dieser Tage ein Date hat und einen kleinen Bummel durch die Stadt macht, sollte schließlich auch am Kino Halt machen und sich diesen Film anschauen. Er ist knuffig, sexy, liebevoll, aber auch sehr bodenständig und authentisch - und vor allem wahnsinnig witzig! Endlich mal wieder ein Film für Verliebte - natürlich mit britischem Gütesiegel. ■ mz

Komödie
GB/F 2015
88 min


mit
Simon Pegg (Jack) Sascha Rotermund
Lake Bell (Nancy) Solveig Duda
Rory Kinnear (Sean)
Sharon Horgan (Elaine)
Paul Thornley (Adam)
Ken Stott (Bert)
Harriet Walter (Fran)
Olivia Williams (Hilary)
Stephen Campbell Moore (Ed)
Ophelia Lovibond (Jessica)
Dean-Charles Chapman (Harry)
Henry Lloyd-Hughes (Daniel)
u.a.

drehbuch
Tess Morris

musik
Dickon Hinchliffe

kamera
Andrew Dunn

regie
Ben Palmer

verleih
StudioCanal

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