Am Sonntag bist du tot
© Ascot Elite
Es hat gedauert, aber nun ist der Publikumsliebling der diesjährigen Berlinale auch im regulären Kino zu sehen. Der Originaltitel bezieht sich auf die Hinrichtungsstätte Jesu vor den Toren Jerusalems, den Kalvarienberg, ein bislang unbekannter Hügel außerhalb des Jerusalems der Antike, auch bekannt unter seinem aramäischen Namen Golgatha [auch: Golgota oder Golgotha].
So muss nun auch Dorfpriester James Lavelle stellvertretend für einen anderen katholischen Geistlichen sterben, der dem Gläubigen früher Schlimmes angetan hat, aber nicht mehr lebt. Eigentlich will er doch nur, dass es allen Menschen in seinem Provinznest an der irischen Küste gut geht. Doch seine Gemeinde schockt ihn regelmäßig durch ihren Hass und ihre Streitlust.
Eines Tages, als der Geistliche die Beichte abnimmt, droht ihm eines seiner Schäfchen: „Am Sonntag bist du tot!“ Das Beichtgeheimnis hindert den Priester daran, die Polizei einzuschalten. Also muss er sich selbst auf die Suche nach seinem zukünftigen Mörder machen. Parallel übt er weiter seine pastoralen Pflichten aus. Das Seelenheil seiner Gemeinde steht für ihn an erster Stelle, auch wenn seine psychisch labile Tochter und manch anderer schwierige Fall im sozialen Umfeld seine volle Aufmerksamkeit bräuchten.
Eine turbulente Woche, in der Priester Lavelle sein Leben ins Reine bringen will, vergeht wie im Flug. Jetzt muss er sich seinem Schicksal stellen. Wird die raue Küste Irlands am heutigen Sonntag zu seinem ganz persönlichen Golgatha?
Die Idee, einen Film über einen Geistlichen zu drehen, der in seiner Gemeinde um sein Leben bangen muss, kam erstmals am Set von The Guard auf. »Plötzlich unterhielten wir uns über einen gutherzigen Priester, der für die Sünden anderer büßen soll«, sagt Brendan Gleeson. »John fragte mich, ob ich diesen Geistlichen spielen würde, wenn er ein Drehbuch schreibt. Ich sagte zu, ohne zu zögern.«
Die Geschichte dreht sich nicht um die Frage, wer der Mörder ist, sondern vielmehr darum, wer der Mörder sein wird. »Ein Priester wird bei der Beichte bedroht«, sagt Produzent Chris Clark. »Die Stärke der Idee liegt auch darin, dass er seinen angehenden Mörder kennt, aber der Zuschauer darüber im Unklaren gelassen wird, um wen es sich handelt. Daraus ergibt sich eine besondere Spannung, fast wie bei einem Western. Wir steuern unaufhörlich auf ein Finale zu, wie wir es aus 12 Uhr mittags kennen.«
John Michael McDonagh war es wichtig, auch das ernste Thema von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche aufzugreifen, aber in einer anderen Form, als der Zuschauer erwarten sollte: »Ich will immer alles anders machen als die große Mehrheit. Weil ich wusste, dass damals viele Drehbücher über Kirche und Missbrauch geschrieben wurden, wollte ich umso mehr die Geschichte eines guten und schuldlosen Priesters erzählen.« Dies sollte in der sarkastisch-humorvollen Art geschehen, die der Zuschauer aus The Guard kennt, aber, so McDonagh, »viel ernster und dramatischer«.
Ernst und dramatisch wird das Stück denn auch mit der Filmmusik von Patrick Cassidy untermahlt, gediegen, melancholisch, düster - passend zur Geschichte und dem rauen Wetter Irlands. Das ist vermutlich auch der Grund, warum der Film trotz ausgefeiltem Drehbuch, hervorragenden Schauspielern und bitterbösem Humor eher einschläfernd wirkt. Selbst wenn das Thema des Films düster und spannend ist, vermag es McDonagh diesmal nicht so ganz, das Publikum wie bei seinem Erstlingswerk The Guard zu unterhalten. Dennoch ist der Film recht interessant und man versucht, wach zu bleiben, um mitzurätseln und zu sehen, wer sich denn am Sonntag dem Duell stellt... ■ mz