Eine Frau reist an das andere Ende der Welt, um ihren Mann zu suchen und findet sich plötzlich in Aufruhr und Abenteuern wieder, die jenseits ihrer Vorstellungskraft liegen. Baz Luhrmann meldet sich mit seiner Australienversion von Vom Winde verweht zurück.
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Lady Sarah Ashley hat ihr Leben bisher mit der Suche nach oberflächlicher Perfektion verbracht. Ihre lieblose, kinderlose Ehe hat ihr jeglichen Lebenssinn geraubt, ihre einzige Freude besteht aus ihrem edlen Pferdestall. Davon überzeugt, dass ihr Mann sie betrügt, macht sich die eigensinnige Sarah von London ins ferne australische Darwin auf, um ihn zur Rede zu stellen.
Ihr unwilliger Führer durchs unwegsame Northern Territory ist Drover, ein raubeiniger Viehtreiber, dessen Name sich von seinem Beruf (drover = Viehhändler, Viehtreiber) ableitet. Die Lady und der Drover könnten nicht gegensätzlicher sein. Ihre gegenseitige Abneigung kulminiert in einen Streit, als Sarah sich eines heimatlosen Aborigine-Mischlings und Waisen namens Nullah annimmt, der von der von Klassen- und Rassenschranken geprägten Gesellschaft geächtet wird.
Derweilen steht die Plantage namens Faraway Downs knapp vor dem Bankrott, nicht zuletzt wegen der üblen Machenschaften des Vorarbeiters Neil Fletcher, der mit dem Viehbaron King Carney gemeinsame Sache macht und plant, das Anwesen zu übernehmen. Um ihre Farm zu retten, muss Sarah mit Hilfe von Drover 1500 Rinder durch das atemberaubend schöne, aber unwegsame Outback treiben.
Auf ihrem gefahrvollen Treck werden Sarah, Drover und Nullah von einer bunt zusammen gewürfelten Truppe von Außenseitern und mittellosen Kleinfarmern begleitet. Zur Gruppe gehören unter anderem der alkoholkranke Buchhalter Kipling Flynn, Drovers zuverlässige Aboriginal-Herdentreiber Magarri und Goolaj, sowie der geheimnisvolle Stammeszauberer namens King George.
Auf ihrer beschwerlichen Reise erlebt Sarah, inspiriert durch die Schönheit und Magie des Landes und ihre Verbindung zu Nullah, eine tiefgreifende Veränderung und wird zu der Frau, die sie wirklich sein will. Aus ihrer streitsüchtigen Beziehung zu Drover entwickelt sich langsam Respekt, Bewunderung und schließlich sogar Liebe. Als jedoch die Schatten des Krieges über Australien fallen, werden Sarah und ihre neue Familie auseinander gerissen. Zum ersten Mal in ihrem Leben besitzt Sarah etwas, wofür es sich zu kämpfen lohnt. Sie muss all ihre Leidenschaft, ihren Mut und ihre Entschlossenheit aufbringen, so bedeutsam wie die Mysterien des uralten Kontinents, um die Menschen, die sie liebt, zu beschützen.
»I run the show. Everybody's doing exactly what she's told!« - Drover
Wer jetzt ein Musical wie Moulin Rouge erwartet, der muss enttäuscht werden. Nicole Kidman spielt zwar wieder die Hauptrolle und Hugh Jackman kann ja auch singen, doch Baz Luhrmann inszenierte den Film wie eine australische Version des Klassikers Vom Winde verweht aus dem Jahr 1939 mit epischen Bildern, großartigen Kamerafahrten und der Schauspielerelite Australiens.
Dem Regisseur gelingt es, einen Film zu drehen, der nicht nur 1939 spielt, sondern auch die damalige Erzählweise und Optik mit der heutigen Technik und seinem ganz eigenen Filmstil kombiniert. Mit 166 Minuten Länge ist der Film auch dementsprechend lang und auch ein wenig -wierig, doch er besitzt alles, was in eine Jahresendschmonzette gehört - einen entfernten exotischen Ort, eine Liebesgeschichte, intrigante Kontrahenden, einen Helden natürlich, zu rettende Kinder und eine riesige Katastrofe.
Es gibt zwar in diesem Mammutprojekt, wie immer bei solchen Filmen, jede Menge peinlicher Momente in Bild und Ton, doch könnte sich der Film in die Schmonzettenriege von Vom Winde verweht, Casablanca, Jenseits von Afrika oder Titanic einreihen. Und wenn Baz Luhrmann dazu noch Gesangs- und Tanzszenen eingefügt hätte, hätte daraus ein australischer Bollywoodschinken entstehen können.
Immer wieder wird auch das Westerngenre angerissen, mag wohl an den unendlichen Weiten, Wüsten und wild lebenden Eingeborenen liegen. Doch eigentlich müsste es ja „Südern“ heißen, da sich Australien ja nunmal nicht im Westen befindet und sich der klasssische Western an der amerikanischen Besiedlung orientiert, die sich dem Wort entsprechend westwärts bewegte. Doch immer wieder werden Elemente des klassischen Westerns bedient, so auch die Inszenierung der Figuren von Hugh Jackman und Nicole Kidman, die an Katharine Hepburn und Clint Eastwood erinnern. Auch die Filmmusik von David Hirschfelder klingt dementsprechend weit gefächert.
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Die Szene des Films, die sich wohl in die Gehirne einbrennen wird, ist wohl die Duschszene von Drover, in der er einen schweren Kübel Wasser einhändig (!) und fast wie in Zeitlupe über sich ausgießt. Schade nur, dass sich Frau Kidman keine ähnlich anmutende Szene bot, um auch die Männerherzen höher schlagen zu lassen. Aber dafür bleibt ihr eng anliegender Pulli aus Invasion für ewig im Gedächtnis. Australia lässt das Filmjahr 2008 würdig ausklingen und bietet solide Unterhaltung jenseits von Gänsebraten und Weihnachtsbaum. ■ mz
28. September 2018
Abenteuer/Drama/Krieg
AUS/USA 2008
166 min


mit
Nicole Kidman (Lady Sarah Ashley)
Hugh Jackman (Drover)
Brandon Walters (Nullah)
Jack Thompson (Kipling Flynn)
David Wenham (Neil Fletcher)
Bryan Brown (Lesley „King“ Carney)
David Ngoombujarra (Magarri)
Angus Pilakui (Goolaj)
Essie Davis (Cath Carney)
Ben Mendelsohn (Capt. Emmett Dutton)
Anton Monsted (Maitland Ashley)
Kerry Walker (Myrtle Allsop)
David Gulpilil (King George)
u.a.

drehbuch
Stuart Beattie, Baz Luhrmann, Ronald Harwood, Richard Flanagan

musik
David Hirschfelder

kamera
Mandy Walker

regie
Baz Luhrmann

produktion
20th Century Fox
Bazmark
ScreenWest
Dune Entertainment III
Ingenious Film Partners

verleih
20th Century Fox